§ 4

  1. 1Ein Mitglied eines Bezirksamtes erhält mit Ablauf des Tages, an dem nach vorzeitiger Beendigung der Wahlperiode (§ 5 Abs. 2 Satz 2 des Bezirksverwaltungsgesetzes) die neu gewählte Bezirksverordnetenversammlung das Bezirksamt wählt, bis zum Ablauf seiner Amtszeit als Versorgung ein Ruhegehalt von 75 vom Hundert der ruhegehaltfähigen Dienstbezüge aus der Besoldungsgruppe, aus der das Bezirksamtsmitglied zuletzt Dienstbezüge erhalten hat. 2Mit dem Ablauf der Zeit, für die das Bezirksamtsmitglied ernannt ist, tritt das Bezirksamtsmitglied in den Ruhestand, wenn es bei Verbleiben im Amt nach § 3 a Abs. 2 in den Ruhestand getreten wäre; es gilt als entlassen, wenn es bei Verbleiben im Amt nach § 3 a Abs. 3 entlassen wäre. 3Dabei wird die Zeit, für die nach Satz 1 ein Ruhegehalt gewährt wird, in die nach § 3 a Abs. 2 geforderte Zeit eingerechnet.

  2. 1Wird ein Mitglied eines Bezirksamtes nach § 35 Abs. 3 des Bezirksverwaltungsgesetzes vor Beendigung seiner Amtszeit abberufen, so gilt § 66 Abs. 6 Satz 1 des Beamtenversorgungsgesetzes entsprechend. 2Die Zeit, für die eine Versorgung gewährt wird, wird nicht in die nach § 3 a Abs. 2 geforderte Amtszeit eingerechnet.

I. Allgemeines

  1. § 4 BAMG regelt einen Sonderfall des Amtszeitendes, den einstweiligen Ruhestand.1 Bis zur Neufassung durch Art. I Nr. 3 des Dritten Gesetzes zur Änderung des BAMG2 sprach die Vorschrift auch ausdrücklich vom Eintritt in den einstweiligen Ruhestand.3 Die Vorschrift musste aufgrund der Änderung versorgungsrechtlicher Vorschriften neu gefasst werden4, ohne dass damit eine inhaltliche Änderung gegenüber dem vorherigen Rechtszustand verbunden gewesen wäre. Die Regelung des § 4 BAMG gewährleistet ein Mindestmaß an wirtschaftlicher Sicherung für das Bezirksamtsmitglied, die einen Ausgleich für die Möglichkeiten einer vorzeitigen Abberufung darstellt.5

II. Einstweiliger Ruhestand bei vorzeitiger Beendigung der Wahlperiode (Abs. 1)

  1. Endet die Wahlperiode des Abgeordnetenhauses und damit die der BVV vorzeitig (§ 5 Abs. 2 Satz 2 a.E. BezVG), so tritt nach Abs. 1 ein Fall eines einstweiligen Ruhestandes mit anschließendem regulärem Ruhestand oder Entlassung ein. Dies vollzieht sich nach der (speziell auf die Bezirksamtsmitglieder zugeschnittenen Norm6) in folgenden Zeitabschnitten:
    • Für die Zeit ab dem Ablauf des Tages, an dem die nach vorzeitiger Beendigung der alten Wahlperiode neu gewählte BVV das Bezirksamt wählt, also die Amtszeit des neuen Bezirksamts nach § 34 Abs. 1 Satz 2 BezVG beginnt, bis zum Ende seiner Amtszeit nach § 1 Abs. 1 Satz 3 BAMG, erhält ein Bezirksamtsmitglied ein Ruhegehalt in Höhe von 71,75Änderung vom 30.09.2023 % der ruhegehaltsfähigen Dienstbezüge seiner letzten Besoldungsgruppe (§ 4 Abs. 1 Satz 1 BAMG).7 Bis zum Gesetz zur Anpassung der Besoldung und Versorgung für das Land Berlin 2022 und zur Änderung weiterer Vorschriften8 betrug das Ruhegehalt sogar 75 %. Durch die Absenkung wurde eine Anpassung an den durch das Versorgungsreformgesetz 2001 normierten Höchstruhegehaltssatz von 71,75 % nachvollzogen, die der Gesetzgeber bislang nicht vorgenommen hatte.9 Damit wird zudem nun ein Gleichlauf mit der Höhe des Ruhegehalts im Falle der Abwahl nach Abs. 2 hergestellt.Änderung vom 30.09.2023
      Für die Dauer dieses ersten ZeitabschnittsÄnderung vom 30.09.2023 gilt dann § 1 Abs. 1 Satz 5 BAMG. Das Beamtenverhältnis dauert mithin ohne eine Überführung in ein Ruhestandsverhältnis fort.10 Für die ersten drei Monate zuzüglich des Monats, in dem die Versetzung in den einstweiligen Ruhestand mitgeteilt wird, besteht indessen ein Anspruch auf die vollen Dienstbezüge, der sich aus § 1b Abs. 1 Nr. 1 LBesG i.V.m. § 4 Abs. 3 BBesG (Überleitungsfassung für Berlin)Änderung vom 30.09.2023 ergibt.
    • Danach tritt es entweder in den Ruhestand, wenn es bei weiterem Verbleib im Amt in den Ruhestand nach § 3a Abs. 2 BAMG getreten wäre (§ 4 Abs. 1 Satz 2 BAMG; siehe im Übrigen § 96 Abs. 4 LBG), wobei die Zeit nach Satz 1 für die Zeit nach § 3a Abs. 2 mitzählt (§ 4 Abs. 1 Satz 3 BAMG). Anderenfalls ist es fiktiv entlassen, wenn es nach regulärem Ende der Wahlperiode nach § 3a Abs. 3 BAMG zu entlassen gewesen wäre. Nach Ablauf der Zeit des § 4 Abs. 1 Satz 1 BAMG ist mithin durch Urkundenaushändigung entweder eine Zurruhesetzung oder eine Entlassung vorzunehmen.

III. Einstweiliger Ruhestand bei Abwahl (Abs. 2)

  1. Nach Abs. 2 greift bei vorzeitiger Abberufung des Bezirksamtsmitgliedes ein abweichendes System. Hier gilt nach Satz 1 die Vorschrift des § 66 Abs. 8Änderung vom 30.09.2023 Satz 1 LÄnderung vom 30.09.2023BeamtVG entsprechend. DanachÄnderung vom 30.09.2023 erhält ein abgewählter Wahlbeamter auf Zeit bis zum Ablauf seiner Amtszeit, bei einem vorherigen Eintritt in den Ruhestand oder der Entlassung längstens bis zu diesem Zeitpunkt, Versorgung mit der Maßgabe, dass das Ruhegehalt während der ersten fünf Jahre 71,75 % der ruhegehaltfähigen Dienstbezüge aus der Endstufe der letzten Besoldungsgruppe des Beamten beträgt. Die finanziellen Ansprüche im Falle einer Abwahl durch die BVV sind mithin ungünstiger als die bei einer vorzeitigen Beendigung der Wahlperiode der BVV.

  2. Nach Satz 2 wird die Zeit der Versorgung nicht in die nach § 3a Abs. 2 BAMG geforderte Amtszeit eingerechnet. Die unterschiedliche Behandlung des vorzeitigen Endes des Beamtenverhältnisses durch vorzeitiges Ende der Wahlperiode einerseits und durch ausdrückliche Abwahl andererseits rechtfertigt sich ohne weiteres, obwohl versorgungsrechtlich die Nichtwiederwahl nach vorzeitigem Ende der Wahlperiode ebenfalls eine Abwahl nach § 66 Abs. 8 LÄnderung vom 30.09.2023BeamtVG darstellt11, durch die voneinander abweichende Art der Beendigung des Beamtenverhältnisses. So liegen im Falle des § 4 Abs. 1 BAMG die Gründe des einstweiligen Ruhestandes nicht in der Person des Bezirksamtsmitglieds, während dies im Falle des § 4 Abs. 2 BAMG gerade der Fall ist, was der Gesetzgeber zulässigerweise berücksichtigen durfte.12

  3. Der Eintritt in den einstweiligen Rechtsschutz ist für die Frist des § 3b Abs. 1 Satz 1 BAMG beachtlich, sodass die Frist zur Stellung des Wiedereinstellungsantrag erst innerhalb eines Monats nach Ablauf der regulären Amtszeit endet.13


  1. Die vorzeitige Beendigung der Amtszeit der Bezirksamtsmitglieder ist mit Art. 33 Abs. 5 GG vereinbar: OVG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 29. Juni 2007 – OVG 4 B 6.06, zitiert nach juris, dort Rdn. 19 und BVerwG, Urt. v. 25. Juni 2009 – 2 C 47/07, LKV 2009, 560, zitiert nach juris, dort Rdn. 17. 

  2. Gesetz vom 17. September 1999, GVBl. S. 530. 

  3. Die Versorgung der Bezirksamtsmitglieder im einstweiligen Ruhestand soll sich jedoch von der der im einstweiligen Ruhestand befindlichen politischen Beamten unterscheiden: BVerwG, Urt. v. 25. Juni 2009 – 2 C 47/07, LKV 2009, 560, zitiert nach juris, dort Rdn. 16. 

  4. AH-Drs. 13/3911, S. 2. 

  5. BVerfG, Beschl. v. 17. Oktober 1957 – 1 BvL 1/57, BVerfGE 7, 155, zitiert nach juris, dort Rdn. 48ff., das durch ein Mindestmaß an wirtschaftlicher Absicherung eine gewisse politische Unabhängigkeit gewahrt sieht. Weiter BVerfG, Beschl. v. 20. Dezember 1993 – 2 BvR 1327/87 u.a., NVwZ 1994, 473, zitiert nach juris, dort Rdn. 15. Speziell zum BAMG: BVerwG, Urt. v. 25. Juni 2009 – 2 C 47/07, LKV 2009, 560, zitiert nach juris, dort Rdn. 14. 

  6. Siehe VG Berlin, Urt. v. 5. April 2006 – 5 A 170.02, zitiert nach juris, dort Rdn. 15, welches sich auch mit der Frage befasst, ob § 4 Abs. 1 BAMG mit dem Grundgesetz vereinbar ist, insbesondere, ob das Land Berlin die Gesetzgebungskompetenz für die Vorschrift hatte. Dazu auch die nachfolgenden Rechtsmittelentscheidungen: OVG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 29. Juni 2007 – OVG 4 B 6.06, zitiert nach juris, dort Rdn. 20ff. und BVerwG, Urt. v. 25. Juni 2009 – 2 C 47/07, LKV 2009, 560, zitiert nach juris, dort Rdn. 20f. Die Problematik dürfte sich wohl durch die sog. Föderalismusreform I erledigt haben. 

  7. Ein Anspruch auf die vollen Dienstbezüge bis zum Ende der regulären Amtszeit besteht jedoch nicht: OVG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 29. Juni 2007 – OVG 4 B 6.06, zitiert nach juris, dort Rdn. 23. 

  8. Gesetz vom 15. November 2022, GVBl. S. 621. 

  9. Siehe die Gesetzesbegründung auf AH-Drs. 19/0603, S. 93. 

  10. BVerwG, Urt. v. 25. Juni 2009 – 2 C 47/07, LKV 2009, 560, zitiert nach juris, dort Rdn. 11 und 13. 

  11. Ausführlich OVG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 29. Juni 2007 – OVG 4 B 6.06, zitiert nach juris, dort Rdn. 20 ff. und nachfolgend BVerwG, Urt. v. 25. Juni 2009 – 2 C 47/07, LKV 2009, 560, zitiert nach juris, dort Rdn. 13 ff. 

  12. Vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 29. Juni 2007 – OVG 4 B 6.06, zitiert nach juris, dort Rdn. 31. 

  13. Neumann in: Pfennig/Neumann, VvB, 3. Aufl. 2000, Art. 74 Rdn. 15. 

Ottenberg/Wolf | Praxiskommentar | (30.09.2023)