§ 2 Grundentschädigung

Absatz 1: Die Grundentschädigung der Bezirksverordneten beträgt monatlich 15 vom Hundert der Entschädigung, die ein Mitglied des Abgeordnetenhauses von Berlin nach § 6 Abs. 1 des Landesabgeordnetengesetzes erhält; der Betrag ist auf den nächsten durch fünf teilbaren Betrag abzurunden. Sie wird gezahlt von dem Tage des ersten Zusammentritts der Bezirksverordnetenversammlung an bis zum Ende des Monats, in dem die Wahlperiode abläuft (§ 5 Abs. 2 Satz 2 des Bezirksverwaltungsgesetzes).

  1. Der Gesetzgeber hat die Höhe der Grundentschädigung (sowie des Sitzungs- und des Fahrgelds) in der Vergangenheit teils mittelbar, teils unmittelbar im Gesetz geregelt1. Im Rahmen der Bezirksfusion wurde zu Beginn der 14. Wahlperiode (18. November 1999) eine strukturelle Veränderung vorgenommen, in dem die in der Norm jeweils bezifferte Höhe durch eine Verknüpfung mit der Abgeordnetenentschädigung ersetzt wurde. Allerdings musste sie in jedem Fall auf volle zehn Deutsche Mark abgerundet werden2. Anlässlich der Währungsumstellung auf Euro blieb diese „Vorkomma“-Rundung3 erhalten. Der rechnerisch zu ermittelnde prozentuale Anteil beinhaltet nach wie vor den vorgegebenen Divisor (im Verhältnis zehn DM zu fünf Euro)4. Ab 1. Januar 2014 wurde die Bemessungsgrundlage der Aufwandsentschädigung angehoben5.

  2. Ein Mitglied des Abgeordnetenhauses erhält eine monatliche Entschädigung nach Art. 53 VvB in Verbindung mit § 6 Abs. 1 Satz 2 LAbgG6. Die Höhe wird vom Normgeber zu Beginn einer Wahlperiode beschlossen und unterliegt zum 1. Januar eines jeden weiteren Jahres - ohne Änderung durch Gesetz - einer Anpassung an die Einkommensentwicklung7. Zu Beginn einer jeden Wahlperiode hat das Abgeordnetenhaus nach Absatz 4 der Vorschrift innerhalb der ersten sechs Monate nach der konstituierenden Sitzung über das Indexverfahren und die Betragshöhe zu beschließen.Änderung vom 30.09.2022 BV haben einen Rechtsanspruch auf diese Zahlung, die nach dem klaren Wortlaut der Vorschrift in jedem Monat eines Jahres zu erbringen ist.

  3. Die Verknüpfung der Höhe der Grundentschädigung mit der nach Art. 53 VvB zu leistenden angemessenen Entschädigung für Abgeordnete ist nicht materiell-rechtlicher Natur. Während jenen durch die Angemessenheit der Diäten eine „Lebensführung gestatten (soll,) die der Bedeutung des Amtes“8 entspricht, ist eine kommunale Vertretung wie die BVV ein „klassisches Feierabendparlament“, was sich auch in Art und Umfang der „Bezüge“ auszudrücken hat9. Eine Legaldefinition der Grundentschädigung existiert zwar nicht, indes dient sie unstreitig dem „pauschalen Ausgleich der besonderen persönlichen und sächlichen Aufwendungen (...), die bei der ehrenamtlichen Wahrnehmung der vielfältigen Aufgaben (...) entstehen“10.

  4. Regelmäßig wird die Konstituierung der BVV (ausführlich § 6 BezVG) nicht am ersten Tag eines Monats stattfinden, entsprechend endet eine Wahlperiode insoweit nicht am letzten Tag des Vormonats. Die Leistung in dem Monat, in dem die Wahlperiode endet, unterliegt jedoch nach Satz 2 dem Monatsprinzip. Sie steht daher allen Mitgliedern der BVV bis zum Ablauf dieses Monats zu; es kommt nicht darauf an, ob sie zur (Wieder-)Wahl standen oder gewählt wurden. Die Grundentschädigung ist also auch in der Zeit zu beanspruchen, die zwischen dem Wahltermin und dem Ende des Monats des ersten Zusammentritts der neuen Vertretung liegt. Auf einen konkreten „Aufwand“ kommt es nicht an, auf durchgeführte Sitzungen etwa ist nicht abzustellen.

  5. Anders ist der Beginn des Leistungsanspruches für BV der jeweils neuen Wahlperiode zu beurteilen: Da sie am Tag der Konstituierung der BVV einsetzt (ausführlich § 5 BezVG), darf auch die Entschädigung erst nach dem Ablauf des Tages vor dem Zusammentritt des (neu gewählten) kommunalpolitischen Organs erbracht werden. Diese Rechtslage verursacht eine tageweise Berechnung des Anspruches derjenigen, die (zumindest in dem letzten Monat der abgelaufenen Wahlperiode) nicht Mitglied der BVV waren. Er umfasst mithin vollständig den Kreis der neuen BV. Maßgebend ist nach § 5 Abs. 1 Landeswahlgesetz die schriftliche Benachrichtigung des Bezirkswahlleiters an den BV-Vorsteher der auslaufenden Wahlperiode über die gewählten Mitglieder der BVV11 In diesem Zusammenhang ist der Tagessatz des konkreten Monats, in den die Konstituierung der BVV fällt, zu errechnen und mit der Zahl der Tage bis zum Ende dieses Monats zu multiplizieren12.

Absatz 2: Bezirksverordnete, die nach dem ersten Zusammentritt der Bezirksverordnetenversammlung eintreten, erhalten die Grundentschädigung vom Tage der Annahme der Wahl an. Vorzeitig ausscheidende Bezirksverordnete erhalten sie bis zum Ablauf des Monats, in dem sie ausscheiden.

  1. Anders gestaltet sich nach Satz 1 das Verfahren bei Personen, die im Laufe der Wahlperiode BV werden. Da der (neu oder erneut gewählte) BV-Vorsteher nach § 6 Abs. 3 Nr. 1 Landeswahlgesetz über den Verlust des Mandats durch Verzicht, was die überwiegende Mehrheit der Fälle ausmacht, zu entscheiden hat, wird er (kommunikativ) dafür Sorge tragen, dass der Rücktritt ihm gegenüber schriftlich erklärt und - wie auch das Nachrückverfahren - zu einem Zeitpunkt wirksam wird, der einen nahtlosen Übergang (im Idealfall am Ende eines Monats) gewährleistet; wird die Annahme des Mandats jedoch erst im Laufe eines Monats abgegeben, ist gleichfalls eine tageweise Berechnung der Grundentschädigung vorzunehmen (ausführlich § 2). Maßgebend ist das Datum (des Eingangs) der Willenserklärung.

  2. Nach Satz 2 gilt ohne Ausnahme das Monatsprinzip für alle BV, die vor dem Ablauf der Wahlperiode (ausführlich § 5 BezVG) - gleich aus welchem Grund (vgl. § 6 Abs. 1 Landeswahlgesetz) - ausscheiden. Liegt ein Sachverhalt zu Grunde, der von einer schriftlich abzugebenden Willenserklärung abhängt (z. B. der Verzicht), ist das angegebene Wirkungsdatum (unabhängig vom Zeitpunkt des Posteinganges) maßgebend, wird ein solches nicht mitgeteilt, ist dagegen regelmäßig das Eingangsdatum (der Poststelle der Bezirksverwaltung bzw. d. BV-Vorst.) entscheidend. Die (maßgebliche) Gesamtgrundentschädigung für den entsprechenden Zeitraum ist mithin ggf. für mehr als 55 BV zu leisten.

  3. Wird (nachträglich) festgestellt, dass die Voraussetzungen für die Zahlung der Aufwandsentschädigung nicht (mehr) vorliegen, ist ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch geltend zu machen. Da es sich bei der Festsetzung und Zahlung dieser Leistung nicht um einen Verwaltungsakt handelt, spielen grundsätzlich Vertrauenstatbestände keine Rolle (ausführlich § 8a zum Fraktionszuschuss).


  1. Vgl. § 2 u. a. des Gesetzes zur Entschädigung der Mitglieder der Bezirksverordnetenversammlungen, der Deputationsmitglieder und sonstiger ehrenamtlich tätiger Personen in der Bekanntmachung der Neufassung vom 1. März 1963 (GVBl. S. 355) und des Gesetzes zur Entschädigung der Mitglieder der Bezirksverordnetenversammlungen, der Bürgerdeputierten und sonstiger ehrenamtlich tätiger Personen vom 29. November 1978 (GVBl. S. 2214). 

  2. Vgl. Artikel I Nr. 1 des Vierten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Entschädigung der Mitglieder der Bezirksverordnetenversammlungen, der Bürgerdeputierten und sonstiger ehrenamtlich tätiger Personen vom 11. Mai 1999 (GVBl. S. 168), der auf Antrag der Fraktionen der CDU, SPD, PDS und Bündnis 90/Die Grünen vom 17. März 1999 (13/3570) durch Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses vom 22. April 1999 (13/3669) in Kraft gesetzt wurde. 

  3. Vgl. Mitteilung der SenInnSport (I A 11-0202/511) vom 26. Januar 2010 an die BV-Vorsteher. 

  4. Abweichend vom amtlich festgelegten Umrechnungskurs von 1 Euro = 1,95583 DM mit anschließender kaufmännischer Rundung; vgl. Allgemeine Begründung der Vorlage - zur Beschlussfassung - des Senats vom 27. März 2001 (14/1102) sowie Artikel XXIV des Gesetzes zur Anpassung landeseigener Gesetze an den Euro (Berliner Euro-Anpassungsgesetz) vom 16. Juli 2001 (GVBl. S. 260). Die Einzelbegründung unterstreicht zwar das Erfordernis der Abrundung, kann jedoch hinsichtlich des Wortlauts nicht voll überzeugen. Die durch die Währungsumstellung erforderliche Umrechnung hätte auch durch die Ersetzung der Worte „auf volle zehn Deutsche Mark“ durch „auf volle fünf Euro“ geregelt werden können. Darüber hinaus trägt der Hinweis auf die Festsetzung eines glatten Betrages wegen der durch die Verknüpfung mit der VO teilweise erforderlichen Barauszahlung (aus technischen Gründen ohne Cent-Beträge) nicht zur Verdeutlichung bei. Artikel X Nr. 3 der Verordnung zur Anpassung von Rechtsvorschriften an die Währungsumstellung auf Euro (Berliner Euro-Anpassungsverordnung) vom 29. Mai 2001 (GVBl. S. 165), also etwa zwei Monate nach der Einbringung der Beschlussvorlage, schreibt für § 4 der Verordnung zur Durchführung des Gesetzes zur Entschädigung der Mitglieder der Bezirksverordnetenversammlungen, der Bürgerdeputierten und sonstiger ehrenamtlich tätiger Personen (Mitglieder von Sozialkommissionen, Schiedspersonen, Patientenfürsprecher/innen usw.) keine vollen Eurobeträge vor. 

  5. Die Steigerung hätte deutlich höher ausfallen können; in einem interfraktionellen Vorentwurf einer Änderung des LAbgG wurde einer Aufwandsentschädigung der Mitglieder des Abgeordnetenhauses im Umfang von 50 v. H. der Besoldungsstufe B 6 (wie BzBm) das Wort geredet (die Grundentschädigung wäre auf 580 Euro anzuheben gewesen). 

  6. Nach dem Dritten Gesetz zur Änderung des Landesabgeordnetengesetzes vom 10. März 2022 (GVBl. S. 106) in Höhe von 6.657 Euro; weitereÄnderung vom 30.09.2022 siehe Vor § 1. 

  7. Nach § 6 Abs. 3 LAbgG werden die Entschädigungen jeweils zum 1. Januar eines jeden Jahres der Wahlperiode an die Verdienstentwicklung angepasst. Maßstab für die Anpassung ist die Entwicklung des auf Berlin bezogenen Nominallohnindexes.Änderung vom 30.09.2022 Der Präsident des Abgeordnetenhauses veröffentlicht den Bericht und den neuen Betrag der Entschädigung im GVBl.  

  8. Korbmacher in Driehaus, VvB, Art. 53 Rz. 2. 

  9. Die massive Steigerung ab 1. Januar 2014 von rd. 35% könnte dem für Abgeordnete geltenden Grundsatz der Angemessenheit der Entschädigung (Art. 53 Satz 1 VvB) widersprechen. Dies wäre dann anzunehmen, soweit deren Höhe außerhalb des Zwecks der Regelung liegen würde, die Unabhängigkeit des Abgeordneten zu sichern und anderen als diesen Zwecken diente (Korbmacher in Driehaus, VvB, Art. 53 Rz. 3 m. w. N.). Vorliegend drängt sich der Verdacht auf, die Ausdehnung der öffentlichen Förderung der Kommunalpolitik einschließlich des Fraktionszuschusses diene im Hinblick auf die Novellierung des § 7 LAbgG (Amtsausstattung, Kostenpauschale, Unterhaltungskosten eines Büros „vor Ort“) eher der verwaltungspolitischen „Befriedung“. 

  10. Sen InnSport als Bezirksaufsichtsbehörde (I A 11-0202/511) vom 25. März 2008 an die BV-Vorsteher; es „entstehen für verallgemeinerungsfähige, einer Schätzung zugängliche Positionen monatlich Kosten (...), die nicht durch Sitzungsgelder und Fahrgeldpauschale abgedeckt sind“ (SenInnSport [I A 1 z. A.-0202/511] vom 6. Oktober 2008 an die Bundesagentur für Arbeit, Regionaldirektion Berlin-Brandenburg): Büro- und Arbeitsmaterial/-mittel, Porto-, Kopier- und Druckkosten, Fachliteratur, -zeitschriften, ggf. im Abonnement, IT- und Telefonkosten, Eigenwerbung, Kostenbeteiligungen (Raummieten, Bewirtungskosten bei Terminen mit Interessengruppen usw. einschließlich der Umlage für Selbstbewirtung innerhalb der Fraktion, die nicht aus dem Fraktionszuschuss bestritten werden darf), Besuche externer Veranstaltungen einschließlich Fortbildungen, Verpflegungsmehraufwand aus diversen Anlässen, Pflege von bezirklichen Partnerschaften zählen nach einer Aufstellung der AG RdV, die u. a. als Grundlage zur rechtlichen Beurteilung herangezogen wurde, dazu. Es kann nach einem Urteil des OVG Bautzen vom 26. Mai 2009 (4 A 486/08) von einem allgemeinen „Nachteilsausgleich“ gesprochen werden. 

  11. Es kann z. B. der Fall eintreten, dass die Erklärung über die Nichtannahme des Mandats nach § 5 Abs. 3 Landeswahlgesetz so kurzfristig abgegeben wird, dass der Bezirkswahlleiter das erforderliche Nachrückverfahren nicht bis zum Tag der Konstituierung der BVV abschließen kann; in einem solchen Fall tritt die BVV mit weniger als 55 Mitgliedern erstmals zusammen und der Leistungsanspruch für diese Person(en) ist nicht bewirkt. 

  12. Beispiel: Konstituierung der BVV am 26. Oktober 2006 (Zeitpunkt des ersten Zusammentritts des Abgeordnetenhauses der 16. Wahlperiode) ergibt einen Tagessatz für die Grundentschädigung in Höhe von 6/31 von 295 Euro. 

Ottenberg/Wolf | Praxiskommentar | (30.09.2022)