§ 11 Rechte und Pflichten der Bezirksverordneten
Absatz 1: Jedes Mitglied der Bezirksverordnetenversammlung hat das Recht, Anträge zu stellen,Anfragen an das Bezirksamt zu richten und Einsicht in die Akten des Bezirksamts zu nehmen. § 17 Absatz 2 bleibt unberührt. Kleine Anfragen sind durch das Bezirksamt spätestens innerhalb von fünf Wochen schriftlich zu beantworten und dürfen nicht allein wegen ihres Umfangs zurückgewiesen werden. Das Nähere regeln die Geschäftsordnungen der Bezirksverordnetenversammlungen.
-
Die Norm bezeichnet Rechte und Pflichten; diese erschließen sich überwiegend aus den einzeln aufgeführten Rechten. Besonders herausgestellt ist die Verschwiegenheitspflicht (ausführlich Rdnr. 18d). Im Hinblick auf die Rechtsstellung der BVV (ausführlich § 2) sinddarüber hinaus die allgemeinen verwaltungsverfahrensrechtlichen Regelungen für die ehrenamtliche Tätigkeit heranzuziehen, die im Zusammenhang mit der Verpflichtung der BV (und BD) auf die gewissenhafte Erfüllung ihrer Obliegenheiten (ausführlich § 7) näher erläutert sind.
-
Grundsätzlich werden die in Parlamenten und kommunalen Vertretungen mit der praktischen Ausübung des Mandats verbundenen Rechte (Antrags- und Fragerecht) nach Satz 1 d. einzelnen BV, nicht etwa einer Fraktion, zugewiesen1. Insoweit kommt es nicht darauf an, ob ein Mitglied der BVV zugleich Mitglied einer Fraktion ist (ausführlich § 5a). Während das gleichfalls bestehende Rede- und Stimmrecht nicht explizit aufgeführt wird, wird das Akteneinsichtsrecht - ein im Vergleich deutlich seltener angewandtes Instrument - erwähnt. Die Vorschrift korrespondiert mit dem Rede- und Antragsrecht im Ausschuss (ausführlich § 9). Durch Regelung in der GO darf dieses Antrags- und Frage-(Rede-)Recht grundsätzlich nicht ausgeschlossen werden2; die Ausgestaltung (z. B. Art und Zahl der Anfragen, Dauer des Rederechts, Behandlung in der Reihenfolge der Tagesordnung) unterliegt jedoch der Organisationshoheit der BVV. Rechtlich nicht zu beanstanden ist z. B.
- fraktionslosen BV die Stellung einer Großen Anfrage (mit der Möglichkeit von Zusatzfragen und anschließender Debatte) zu verweigern bzw. quantitativ im Vergleich zu solchen einer Fraktion zu unterscheiden,
- Anträge und/oder (bestimmte) Anfragen (jeweils) nach dem Tagesordnungspunkt der von Fraktionen eingebrachten Drucksachen zu behandeln,
- das Rederecht zu Verfahrensfragen und Sachangelegenheiten zeitlich zu begrenzen, ggf. sogar nach den Mehrheits- und Stärkeverhältnissen differenziert zu staffeln.
-
Die qualitative Grenze wäre in zu beanstandender Weise erreicht, wenn das bezirksverwaltungsrechtliche "Grundrecht" der Rede-, Anfrage- und Antragsmöglichkeit generell beschnitten wird. Diese Beurteilung unterliegt selbstverständlich einer verwaltungsgerichtlichen Überprüfungsoption3. Es gilt jedenfalls, Differenzierungen am unmittelbar aus dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) folgenden objektiven Willkürverbot und am allgemeinen Gleichheitsgrundsatz, d. h. der Chancengleichheit zu messen4. In der Praxis ist dies allerdings keine "schlichte" Rechtsfrage; das Verhältnis zwischen den Mitgliedern der BVV spielt sich vielmehr im (partei-)politischen Spannungsfeld ab. Die geschäftsordnungsrechtlichen Regelungen in den zwölf Bezirken weichen durchaus erheblich voneinander ab. Dazu zählt auch, wie am Ende einer Wahlperiode mit nicht abschließend behandelten Anträgen und Anfragen (und/oder anderen Vorlagen) verfahren wird: Teilweise ist in Anlehnung an den parlamentarischen Diskontinuitätsgrundsatz5 festgelegt, dass sie "verfallen", was mitunter rechtlich angezweifelt wird6. Das Antrags- bzw. Fragerecht wird dadurch allerdings nicht unzumutbar beschnitten; eine erneute Einbringung bleibt vielmehr unberührt. Entsprechendes gilt für einen Einwohnerantrag nicht (ausführlich § 44).
-
Als untrennbarer Bestandteil des Antragsrechts ist anzusehen, dass sich das zuständige Organ, hier die BVV, mit dieser Initiative befasst, sie zumindest auf die Tagesordnung setzt und in angemessener Frist einen Beschluss herbeiführt. Von einer Verletzung dieses Befassungsanspruches ist auszugehen, wenn die Beratung, zumindest die Beschlussfassung ohne sachlichen Grund gänzlich oder auf unbestimmte Zeit verweigert wird und insoweit von einer willkürlichen7 Verschleppung8 die Rede sein könnte. Wann über eine Initiative abzustimmen ist, bestimmt sich jedoch häufig - gerade in politisch umstrittenen Zusammenhängen - auch nach Gesichtspunkten, die in stärkerem Maß das Ergebnis einer politischen Meinungsbildung als dasjenige einer rechtlich strukturierten und gerichtlich überprüfbaren Entscheidung sind9. Hinzuweisen ist allerdings auf die abweichende Regelung zum Einwohnerantrag (ausführlich § 44).
-
Grundsätzlich stehtd. BV-Vorst. bei der Aufnahme von Tagesordnungspunkten für die Sitzung der BVV ein Prüfungsrecht bezüglich der eingereichten Vorlagen nicht zu. Er ist jedoch befugt, in formeller Hinsicht unzureichende Anträge und Anfragen nicht behandeln zu lassen. Ein materielles Prüfungsrecht hat er nicht, ist jedoch berechtigt, offenkundig rechtswidrige und insbesondere evident ein Beanstandungsverfahren provozierende Vorlagen zurückzuweisen10 Die Hürde hierfür ist indessen sehr hoch anzusiedeln, da die Prüfung der Rechtskonformität über die Beschlüsse der BVV beim BA liegt (ausführlich § 18). Der BVV steht es im Rahmen ihrer Geschäftsordnungsautonomie frei, eine vor allem die inSatz 1 wahrende Regelung über die Prüfungskompetenzd. BV-Vorst. zu treffen11.
-
Während das Recht eines jeden Mitglieds der BVV, Anträge einzubringen sowie Fragen an das BA zu richten und dazu das Wort zu ergreifen, bereits im Hinblick auf den insoweit eindeutigen Normwortlaut unstreitig ist, lässt sich ein geordnetes Verfahren zur Wahrnehmung des Rederechts in einer Aussprache nicht unmittelbar aus dem bezirksverwaltungsrechtlichen Gefüge entnehmen12. Die Ausübung des Rederechts zählt dabei zu den Befugnissen, die einem BV als Mitglied des Organs verliehen sind und kommt vor allem darin zum Ausdruck, dass es lediglich in den Grenzen der Aufgabenzuständigkeit und nach Maßgabe der den Ablauf der Sitzungen regelnden Verfahrensbestimmungen besteht. Es unterfällt gleichfalls der Gestaltungskompetenz der BVV, die wiederum von der Beachtung der individuellen und organschaftlichen Rechte sowie der Vermeidung einer strukturellen Funktionsstörung der Vertretung13 eingerahmt ist. Hat die BVV eine Redezeitregelung beschlossen, die Kontingente für Fraktionen und Fraktionslose (für einzelne Tagesordnungspunkte bzw. für eine Sitzung) zulässig festlegt14, tritt mitunter eine Kollisionslage ein, wenn ein fraktionsgebundenes Mitglied der BVV die Teilnahme an einer Aussprache außerhalb der für die Fraktion fixierten Redezeit reklamiert. Da politisches Gliederungsprinzip für die Aufgabenwahrnehmung der BVV die Fraktionen sind15, schließt eine Mitgliedschaft hingegen eine hinzunehmende Beschränkung ein16; was einem solchen Rechtsanspruch auf Debattenteilhabe entgegensteht. Da sie im Hinblick auf die Privilegierung der Fraktionen im kommunalpolitischen Alltag auch Vorteile nach sich zieht, bleibt diese Auslegung beanstandungslos. Es entspricht herrschender Auffassung, im Regelfall am jeweiligen Verfahren zur Redezeit festzuhalten, zumal einer Fraktionsführung im Hinblick auf die praktische Ausgestaltung durch den Sitzungsvorstand keine „ausschließliche“ Verfügungsmacht17 zusteht.
-
Die Freiheit der Rede ist eine unverzichtbare Kernkompetenz der demokratisch legitimierten Mitglieder einer Vertretung, sei es im Parlament, sei es in einer kommunalen Vertretungskörperschaft. Entsprechendes ist für BV anzunehmen. Regeln zur Selbstorganisation und zur Gewährleistung eines ordnungsgemäßen Geschäftsganges unterliegen grundsätzlich einem weiten Gestaltungsspielraum. Er hat jedoch das „Prinzip der Beteiligung aller Abgeordneten an den Aufgaben des Parlaments“18 zu achten. „Beschränkungen des Rederechts (…) sind daher zulässig, soweit sie nach gleichen Grundsätzen erfolgen“19. Eine quotierte Redeliste ignoriert jedoch z. B. diese erforderliche formale Gleichheit der Mitglieder der BVV20 und ist insoweit - zumindest in der Kombination mit einer Redezeitbegrenzung - nicht zu tolerieren.
-
Das Recht, eine Anfrage an das BA zu richten, impliziert den Rechtsanspruch auf eine Antwort. Selbst „Anfragen ins Blaue hinein (sind mit der Funktion des Fragerechts,) Auskunft über Fakten zu gewinnen, damit die Mitgliedschaft (…) effektiv wahrgenommen werden kann“, in Einklang zu bringen21. Ein Qualitätsstandard der Beantwortung ist jedoch nichtvorgegeben22. Ist zweifelhaft, ob die Obliegenheit zur Beantwortung erfüllt ist, was subjektiv nurvon der Fragestellerin oder dem Fragesteller bewertet werden kann, müsste der Streit letztlich verwaltungsgerichtlich geklärt werden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass ein Mitglied des BA einen politischen Beurteilungsspielraum bei der Wahrnehmung seiner Verpflichtung zur Beantwortung einer Anfrage hat23. Bei (vermeintlich oder tatsächlich) unrichtig beantworteten Anfragen trifftdie Fragestellerin oder den Fragesteller vor der Inanspruchnahme gerichtlichen Rechtsschutzes eine Konfrontationspflicht. Dem BA muss die Gelegenheit gegeben werden, unter Hinweis auf die Unrichtigkeit die Beantwortung zu ergänzend oder zu berichtigen. Wird diese Konfrontationsobliegenheit nicht beachtet, fehlt es im gerichtlichen Verfahren am Rechtsschutzbedürfnis24. Mit dem Auskunftsrecht geht kein Anspruch einher, sich Wortlaute von Akteninhalten mitteilen bzw. vollständige Akten (in Kopie) vorlegen zu lassen. Vielmehr wäre auf das Akteneinsichtsrecht zu verweisen25 (ausführlichRdnr. 9). 26 27 28 29 30
-
Satz 1 postuliert darüber hinaus ein allgemeines Akteneinsichtsrecht, das an das Mandat31 geknüpft ist. Damit wird das umfassende Informationsrecht der Mitglieder der BVV gegenüber dem BA hervorgehoben32; es besteht nur für Akten der Bezirksverwaltung, was sich aus dem bestimmten Artikel ergibt. Akten anderer Behörden unterliegen diesem Transparenzanspruch nicht unmittelbar. Das BA kann jedoch Dritte mit dem Ziel der Offenbarung um Amtshilfe ersuchen; diese haben zu entscheiden, ob der Einsichtnahme zugestimmt wird. „Das Akteneinsichtsrecht bezieht sich grundsätzlich auf alle Akten des Bezirksamtes. Der Aktenbegriff umfasst nicht nur schriftliche Akten im herkömmlichen Sinne, sondern nach Sinn und Zweck auch elektronisch, optisch, akustisch oder in anderer Weise festgehaltene Gedankenverkörperungen und sonstige Aufzeichnungen (...). Entwürfe oder Notizen, die nicht dazu bestimmt sind, einem Vorgang zuzugehören, fallen nicht unter den Begriff der Akten.“33
-
Das Akteneinsichtsrecht ist soweit es sich nicht auf die Offenbarung schutzwürdiger Daten erstreckt (ausführlich Rdnr. 18), nicht von einem Kontrollzweck abhängig; es darf ohne Begründung, insbesondere auch vorsorglich und zu Informationszwecken ausgeübt werden34.
-
Ein Verfahren wird nicht vorgeschrieben. Der Wunsch nach Informationen aus der Bezirksverwaltung ist nicht zwingend gegenüber dem (einzelnen) Mitglied des Kollegialorgans geltend zu machen, insoweit unterscheidet sich das Akteneinsichtsrecht eines BV von dem eines Ausschusses durch (Mehrheits-)Beschluss(ausführlich § 17). Es erscheint allerdings ratsam, allgemeine Regeln über den konkreten Ablauf festzulegen, um ein vergleichbares Verfahren in den Abteilungen der Bezirksverwaltung zu gewährleisten. Das BA oder das zuständige Mitglied des BA kann sich eine Entscheidung über die Akteneinsicht „grundsätzlich oder im Einzelfall“ vorbehalten35. 36 37
-
Der Wortlaut der Vorschrift begründet - im Gegensatz zu § 13 Abs. 5 Satz 1 IFG - keinen Anspruch auf Anfertigung von Kopien. Die Verwaltungsbehörde hat, wird ein solches Verlangen formuliert, darüber vielmehr eine pflichtgemäße Ermessensentscheidung zu treffen38. Steht es jedoch einem informationsfreiheitsrechtlichen Akteneinsichtsantrag gleich, ist von einer Ermessensreduzierung auf null auszugehen. Vergleichbares ist anzunehmen, wenn Art und Umfang der vorzunehmenden Akteneinsicht dem eines Ausschusses (ausführlich § 17) entsprechen.
-
Nach Satz 2 bleibt das Akteneinsichtsrecht eines Ausschusses unberührt. Ein Mitglied der BVV kann es unabhängig von einer ggf. im Ausschuss nicht bestehenden Mehrheit zur Herbeiführung eines solchen Beschlusses wahrnehmen. Insoweit handelt es sich um ein starkes Recht, das insbesondere einer Minderheit Informationen verschafft, die im Übrigen ggf. nicht ohne Weiteres offenbart werden würden. Es ist daher davon auszugehen, dass sich das Unterrichtungsregime der Mitglieder des BA an dieser potenziellen Transparenz ausrichtet.
-
Im Hinblick auf die qualitative Bedeutung für kommunalpolitische Prozesse könnte angenommen werden, dass Konflikte zwischen dem Fragerecht d. BV und der Beantwortungspflicht des BA vor allem im Bereich der „Großen Anfragen“ zu verzeichnen seien. Dies ist jedoch nicht der Fall. Vielmehr existiert ein (mitunter enormes) Spannungsfeld insbesondere bei der Erfüllung von ´Wissensdurst´ durch „Kleine Anfragen“39. Einerseits verlassen deren Gegenstände mitunter den Kreis der Bezirksaufgaben. Für die Beantwortung ist das BA insoweit auf Amtshilfe angewiesen, was sich (teilweise negativ) auf Einhaltung der Beantwortungsfrist, Umfang und Güte niederschlägt. Darüber hinaus erschließt sich der Verwaltung andererseits aus der Fragestellung nicht hinreichend regelmäßig das Ziel; die Zweckmäßigkeit des geltend gemachten Informationsbedarfs wird im Hinblick auf die der BVV zugewiesenen Aufgaben als Steuerungsorgan der Kommunalpolitik (ausführlich § 12) angezweifelt. Dieser Umstand nimmt Einfluss auf die Prioritätensetzung innerhalb der Verwaltung und hat mitunter Einfluss auf den Grad der Bereitschaft, ohne schuldhaftes Zögern zu antworten. Das Spannungsfeld zwischen Fragerecht und Beantwortungsverpflichtung ist insbesondere durch das beiden Organen obliegende Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme gekennzeichnet. Eine Beantwortung kann sich lediglich auf Informationen erstrecken, die vorliegen bzw. mit zumutbarem Aufwand beschafft werden können. Es beschränkt - neben der Zuständigkeit der BVV an sich - Umfang und Güte einer Frage entsprechend. „Grenzen des Informationsanspruches (resultieren aus der) Respektierung der Funktions- und Arbeitsfähigkeit der (Behörde). Zu deren Wahrung darf (das Bezirksamt) innerhalb einer (…) Einschätzungsprärogative über Art und Weise der Antwort befinden. Dabei muss (es) sich an der Pflicht zu vollständiger und zutreffender Antwort orientieren.“40 Unter Beachtung der vorstehenden Prämissen ist Satz 3 zur Anwendung zu bringen.
-
Er knüpft sinngemäß an einer verfassungsrechtlichen Regelung für die Mitglieder des Abgeordnetenhauses41 an. Dabei wird dem BA zwar einerseits eine längere Frist zur Beantwortung eingeräumt, diese andererseits jedoch ausnahmslos zur Pflicht, sie einzuhalten, erhoben. Der Gesetzgeber hat es jedoch unterlassen, Rechtsfolgen einer derartigen Pflichtverletzung zu bezeichnen.
-
Die Beantwortung darf vom BA nicht ausschließlich mit der Begründung, die Kleine Anfrage sei wegen ihres Umfangs nicht oder nicht fristgerecht zu bearbeiten, verweigert werden. Sind zur Beantwortung zeitintensive Recherchen (z. B. durch Amtshilfeersuchen gegenüber anderen Behörden) erforderlich, muss das BA innerhalb der Fünf-Wochen-Frist zumindest die Ergebnisse mitteilen, die sich bei unverzüglichem Handeln ermitteln lassen. Schuldlos zögert das BA dann, wenn es unter Berücksichtigung des hohen Stellenwerts des Fragerechts für notwendige Informationen, insbesondere für die Entwicklung von Initiativen und die Ausübung einer wirksamen Kontrolle durch die Mitglieder der BVV, sowie der konkurrierenden übrigen Aufgaben und ihrer personell-organisatorischen Möglichkeiten gerecht abwägt. Im Spannungsverhältnis zwischen Vollständigkeit und Unverzüglichkeit einer Beantwortung ist die Recherchetiefe unter Berücksichtigung der mutmaßlichen Interessender Fragestellerin oder des Fragestellers sachgerecht zu bestimmen, der Beantwortungsvorgang zweckmäßig zu organisieren und im Konfliktfall zwischen der Pflicht zur unverzüglichen Antwort und konkurrierenden Aufgaben eine Priorisierung vorzunehmen. Bei der Erfüllung dieser Pflichten stehen dem BA Einschätzungsspielräume zu. Die Anforderungen an die Plausibilität der darzulegenden Hinderungsgründe steigen dabei kontinuierlich mit zunehmender Entfernung von dernormativ festgelegten Frist42.
16a Fristbeginn und -ende erschließen sich aus dem Wortlaut nicht unmittelbar. Es ist davon auszugehen, dass es für den Beginn der Frist auf den Zugang beim BA, für das Ende der Frist auf den Zugang bei d. BV ankommt. Ein solches Verständnis der Norm steht in Einklang mit den Regelungen zu Rechten und Pflichten, insbesondere zu Verfahrenshandlungen, bei denen es für einen Fristbeginn bzw. ein Fristende grundsätzlich auf die Kenntnis des fristauslösenden Ereignisses (z. B. Zugang einer Willenserklärung, Rechtsbehelfsfrist) ankommt. Die Verpflichtung des BA zur fristgemäßen Beantwortung ist dann als erfüllt anzusehen, wenn sie d. BV erreicht hat.
- Die weitere Ausgestaltung ist nach Satz 4 durch eine Regelung in der GO der BVV vorzunehmen. Dabei wird überwiegend die Auffassung vertreten, dass die Frist zur Beantwortung von Anfragen nach Satz 3 in der GO verkürzt, jedoch nicht verlängert werden kann. Eine solche Auslegung ist jedenfalls möglich, da der Wortlaut („spätestens“) ansonsten keine eigenständige Bedeutung hätte, was sich zudem aus der Entstehungsgeschichte der Vorschrift43 erschließt. In diesem Zusammenhang wird jedoch für eine Öffnungsklausel plädiert, die dem BA eine Überschreitung einer in der GO festgelegten kürzeren Frist bis hin zur gesetzlichen Höchstfrist erlaubt, wenn dies besonders begründet wird. Die Verkürzung der Beantwortungsfrist auf weniger als drei Wochen würde hingegen auf erhebliche Bedenken stoßen. Vertretbar ist jedoch auch, dass der Weg einer Fristverkürzung durch Regelung in der GO als verbaut anzusehen ist. Zu berücksichtigen ist, dass die BVV das „Nähere“ in der GO regeln dürfte, nicht etwa „Abweichungen“ von der Norm. Weitere Materien wären: Umfang der Anfrage, Konkretisierung der Fristberechnung. Das BA unterliegt in dieser Hinsicht jedenfalls der Regelungskompetenz durch die BVV (ausführlich § 8).44
Absatz 2: Das Bezirksamt darf die Beantwortung von Anfragen und die Einsicht in die Akten verweigern, soweit schutzwürdige Belange Dritter oder ein dringendes öffentliches Interesse entgegenstehen und dem nicht durch eine Beantwortung oder Akteneinsicht unter Maßgaben der Geheimhaltung Rechnung getragen werden kann. Das Bezirksamt hat eine ablehnende Entscheidung oder Maßgaben der Geheimhaltung schriftlich zu begründen. Bei Vorliegen eines Ausschließungsgrundes nach Absatz 4 dürfen Anfragen nicht beantwortet und die Akteneinsicht nicht gewährt werden.
- Der Umfang der Beantwortung von Anfragen, die regelhaft veröffentlicht werden, sowie des Akteneinsichtsrechts ist nicht grenzenlos; soweit nach Satz 1 entgegenstehende private Interessen, mithin schutzwürdige Belange Dritter im Sinne von § 30 VwVfG bzw. § 35 SGB I, oder dringende öffentliche Interessen tangiert sind, ist eine Offenbarung grundsätzlich unzulässig. Spezialnormen postulieren zudem einen erweiterten Datenschutz45. Dabei ist eine Interessenabwägung durchzuführen. „Bei entgegenstehenden Privatinteressen ist z.B. zunächst festzustellen, ob die Kenntnis der in den Akten enthaltenen personenbezogenen Daten für die Ausübung der Kontrolle des Bezirksamts überhaupt relevant sein kann. Soweit dies nicht der Fall ist, sind die entsprechenden Daten mangels eines Kontrollinteresses nicht zugänglich zu machen.“46 Entsprechendes ist für die Beantwortung von Anfragen anzunehmen. Diese Bewertung ist auch bei entgegenstehenden öffentlichen Interessen vorzunehmen. Ist dieses „Kontrollinteresse zu bejahen, hat das BA jedoch in jedem Fall zu prüfen, ob eine solche Offenbarung „unter der Maßgabe der Geheimhaltung erfolgen kann“.47 Sie steht dann im Spannungsfeld der sanktionsbewehrten Verschwiegenheitspflicht (ausführlich Rdnr. 18d) und unterliegt ggf. der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle48.
18a. NachSatz 2 bedarf die Verweigerung derBeantwortung einer Anfrage oder eine Akteneinsicht der Schriftformund einer (angemessenen) Begründung. Sie hat den Charakter eines Verwaltungsaktes. Damit kein Streit über Art und Umfang der Akteneinsicht- die Anfrage wird dagegen ohne Ausnahme schriftlich (oder elektronisch) eingereicht - auftritt, sollte auch dieses Offenbarungsersuchen der einzelnen BV schriftlich formuliert werden. Bestehenbeim BA Zweifelim Rahmen der Interessenabwägung, ist eine vorhergehende Sachverhaltsaufklärung erforderlich (z. B. in Form der Anforderung einer diesbezüglichen Erklärungder Fragestellerin oder des Fragestellers bzw. der oder des die Akteneinsicht begehrenden BV)49.
18b. Es ist - auch im Zusammenhang mit dem Kontrollrecht der BVV (ausführlich § 17) - fraglich, ob einMitglied der BVV gegenüber dem BA erfolgreich einen regelhaften Anspruch auf „Augenscheinnahme“ einer Verwaltungseinheit oder einer bezirklichen Einrichtung geltend machen kann. Eine unmittelbare Stütze bietet der Wortlaut der bezirksverwaltungsrechtlichen Normen jedenfalls nicht; zudem handelt es sich dabei nicht um eine "Akte" (ausführlich Rdnr. 9): Ein Mitglied der BVV verfügt zwar über einInformations- und Kontrollrechtrecht, das u. a. durch die Beantwortung von Anfragen durch das zuständige Mitglied des BA bzw. durch Akteneinsicht erfüllt wird. Das persönliche Aufsuchen von Beschäftigten in ihren Büroräumen oder der Besuch einer bezirklichen Einrichtung sind davon allerdings nicht ohne die Existenz weiterer Umstände des Einzelfalles gedeckt. Anlass und Hintergründe derartiger Aktivitäten eines Mitglieds der BVV sollten vorab mit dem BA, zumindest mitder zuständigen Ansprechpartnerin oder dem zuständigen Ansprechpartner vor Ort kommuniziert werden. Grundrechte privater Dritter sind in diesem Zusammenhang einzuhalten50.
18c.Ist bei einem Mitglied der BVV in der durch die eingebrachte Anfrage oder die begehrte Akteneinsicht dargelegten Materie eine Befangenheit zu besorgen, die zum Ausschluss in einem Verwaltungsverfahren führen würde, darf das BA die Anfrage nicht beantworten oder Einsicht in die Akten einräumen (ausführlich Rdnr. 19).
Absatz 3: Die Bezirksverordneten haben über die ihnen im Rahmen der Ausübung ihres Mandats bekanntgewordenen Angelegenheiten Verschwiegenheit zu wahren, soweit eine Geheimhaltung angeordnet wurde oder gesetzlich vorgesehen ist. Bei schuldhafter Zuwiderhandlung gegen diese Verpflichtung kann das Bezirksamt ein Ordnungsgeld bis 500 Euro verhängen. Die Verantwortlichkeit nach anderen gesetzlichen Vorschriften bleibt unberührt. Die Sätze 1 bis 3 gelten entsprechend für die Bürgerdeputierten und die beratenden Mitglieder des Jugendhilfeausschusses.
18d.Wenn schutzwürdige Daten aufgrund eines Rechtsverhältnisses mit einer bezirklichen Behörde dort erhoben, gespeichert oder verarbeitet werden, haben natürliche oder juristische Personen unmissverständlichen Anspruch auf rechtmäßigen Umgang. Alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Bezirksverwaltung, seien es Beamtinnen und Beamte oder Tarifbeschäftigte, unterliegen insoweit einem strengen Datenschutzregime. Zudem dürfen diese Dritten davon ausgehen, dass eine Offenbarung unterbleibt, weil sie für diesen Zweck regelhaft nicht zur Verfügung gestellt werden. Wenn dieser Grundsatz im Hinblick auf Informations- und Kontrollrechte der demokratisch legitimierten Vertretung rechtmäßig durchbrochen werden soll, ist der Anspruch zu formulieren, dass die der Behörde offenbarten Daten im Kreis derjenigen verbleiben, die sie unter Beachtung der geltenden Rechts- und Verwaltungsvorschriften nach § 12 Absatz 1 BezVG kennen dürfen, um ihre Aufgaben zu erfüllen. Deshalb besteht nach Satz 1 eine entsprechende Geheimhaltungspflicht der BV, weil „beim Umgang mit internen Dokumenten (…) im Hinblick auf ihre Pflicht zur Amtsverschwiegenheit nichts anderes (gilt) als für hauptamtliche Amtsträger“51.
18e.Diese Verschwiegenheit ist „zu wahren über Angelegenheiten, die (den BV) im Rahmen der Ausübung ihres Mandats bekannt wurden, soweit eine angeordnete oder gesetzliche Geheimhaltungspflicht besteht. Eine solche (liegt vor, wenn) die Beantwortung von Anfragen oder (die) Gewährung von Akteneinsicht unter der Maßgabe der Geheimhaltung erfolgte. Eine gesetzliche Geheimhaltungspflicht besteht z. B. bezüglich der in nichtöffentlichen Sitzungen der Bezirksverordnetenversammlung und ihrer Ausschüsse erörterten Angelegenheiten.“52 Die Verschwiegenheitspflicht knüpftinsoweit alternativ an ein materielles (Geheimhaltung der Angelegenheit ist ihrer Natur nach erforderlich) oder an ein formelles Kriterium (Geheimhaltung ist besonders vorgeschrieben oder von dem entsprechenden Gremium beschlossen), weil in dem Beschluss, die Öffentlichkeit auszuschließen, konkludent die Entscheidung über die Geheimhaltung der dort erörterten Materien enthalten ist53.„Nach dem Sinn und Zweck der Vorschrift nicht von der Geheimhaltungspflicht erfasst werden Tatsachen, die offenkundig sind.“54 Die Pflicht zur Verschwiegenheit kann nur angenommen werden,wenn die Geheimhaltung der Angelegenheit noch möglich ist, mithin nicht, wenn die fragliche Tatsache offenkundig ist. Offenkundig sind solche Tatsachen, die allgemein bekannt oder jederzeit feststellbar sind, von denen also ein verständiger Mensch jederzeit durch Nutzung allgemein zugänglicher Informationsquellen ohne Aufwand Kenntnis erlangen kann55.
18f.In Satz 2 wird für die schuldhafte Verletzung der Verschwiegenheitspflicht die Verhängung eines Ordnungsgelds bis 500 Euro ermöglicht und bewegt sich damit im unteren Rahmen.56 Eine schuldhafte Handlung ist vorliegend bei Vorsatz oder Fahrlässigkeit anzunehmen. Die entsprechende Prüfung ist vom BA vorzunehmen und nach Anhörung ggf. durch Verwaltungsakt zu ahnden. Zwar besteht bereits nach § 353b Abs. 2 Nr. 2 StGB eine Sanktionsmöglichkeit, die nach Satz 3 unberührt bleibt. „Eine Strafbarkeit nach dieser Norm ist jedoch nur dann gegeben, wenn eine entsprechende Geheimhaltungspflicht vorsätzlich verletzt wurde, dies zu einer Gefährdung wichtiger öffentlicher Interessen geführt hat und diese Gefährdung zumindest billigend in Kauf genommen wurde, was schwer nachweisbar sein kann.“57
18g.Bei einer schuldhaften Verletzung der Verschwiegenheitspflicht durch BD oder beratende Mitglieder im JHA kommt die Verhängung eines Ordnungsgeldes nach Satz 4 im gleichen Maß in Betracht. Es betrifft insbesondere Fälle einer rechtswidrigen Offenbarung schutzwürdiger Informationen aus einer nichtöffentlichen Sitzung eines Ausschusses.
Absatz 4: Bezirksverordnete dürfen an Beratungen und Entscheidungen nicht mitwirken, wenn Gründe vorliegen, die zum Ausschluss vom Verwaltungsverfahren nach dem Verwaltungsverfahrensgesetz führen würden. Gleiches gilt für Bezirksverordnete in Angelegenheiten, in denen sie als Dienstkräfte einer Senatsverwaltung vorbereitend oder entscheidend unmittelbar Aufgaben der Bezirksaufsicht oder einer möglichen Eingriffsentscheidung (§ 3 Abs. 2 Buchstabe b) gegenüber der Bezirksverwaltung wahrnehmen oder wahrgenommen haben. Nicht unter Satz 1 fallen Wahlen nach § 16 Absatz 1 Buchstabe a).
- Wenn Gründe vorliegen, die in vergleichbaren Fällen zum Ausschluss vom Verwaltungsverfahren führen würden, ist ein massiver Eingriff in die Wahrnehmung der Rechte eines Mitglieds der BVV zulässig und gerechtfertigt. Dabei handelt es sich um die sinngemäße Anwendung der Regelungen nach §§ 20, 21 VwVfG i. V. m. § 1 Abs. 1 VwVfGBln58. Disqualifikationsgründe oder die Besorgnis der Befangenheit bei der Ausübung des kommunalpolitischenMandats treten insbesondere in Sachangelegenheiten auf59. Der Wortlaut von Satz 1 umfasst einerseits die Abstinenzeiner oder eines BV, an „Beratungen“ teilzunehmen, die im Organ, deren Mitglied die Person ist, durchgeführt werden. Der Begriff erstreckt sich dabei unter weiter Auslegung grundsätzlich auf jeden Gegenstand der Tagesordnung (Anfragen, Anträge, Beschlussvorlagen, Wahlvorgänge). Ob tatsächlich eine mündliche Erörterung stattfindet, ist unerheblich. Andererseits postuliert die Norm ein Mitwirkungsverbot an „Entscheidungen“, was nach ihrem Sinn und Zweck nicht etwa auf die Entscheidungskompetenz der BVV (etwa nach §§ 9, 12, 16) beschränkt wird. Vielmehr ist, soweit die Voraussetzungen vorliegen, davon auszugehen, dass die Beteiligung an jeder Art Beschlussfassung (Abstimmung über Ersuchen, Empfehlungen oder Verfahrensfragen) ausgeschlossen und mithin unzulässig ist.
(20) Es besteht kein Anlass, allein die in einer Person liegenden Voraussetzungen eines Ausschlusses nach § 20 Abs. 1 VwVfG in einem kommunalpolitischen Verfahren entsprechend anzuwenden. Die daraus resultierenden Rechtsfolgen orientieren sich vielmehr gleichfalls an den verwaltungsverfahrensrechtlichen Rechtsnormen. Im Schrifttum ist zwar umstritten, ob § 88 VwVfG in dieser Hinsicht Beachtung zu finden hat. Da - anders als überwiegend im übrigen Kommunalverfassungsrecht - keine bezirksverwaltungsrechtliche Verfahrensnorm besteht, spricht hingegen durchgreifend kein Argument gegen eine sinngemäße Beachtung der Vorschriften über das Verfahren in Ausschüssen60 Hält sich ein Mitglied der BVV in einer Materie für ausgeschlossen (befangen), ist dies insoweitd. BV-Vorst. mitzuteilen (§ 20 Abs. 4 Satz 1 VwVfG). Der Beratungsraum ist zu verlassen61. Tauchen bei der betreffenden Person lediglich entsprechende Bedenken auf, ist gleichfalls von einer Mitteilungspflicht and. BV-Vorst. auszugehen. Werden sie nicht ausgeräumt, hat sich die betreffende Person für ausgeschlossen zu erklären. Im kommunalpolitischen Alltag ist jedoch häufig eine Konstellation anzutreffen, in der eine Besorgnis der Befangenheit vond. BV-Vorst., von einem anderen Mitglied der BVV oder dem BA reklamiert, jedoch von der betreffenden Person verneint wird62. Dann hat die BVV nach § 20 Abs. 4 Satz 2 VwVfG über den Ausschluss zu entscheiden, weil Zweifel über die Auslegung der Legaldefinition für ausgeschlossene Personen (§ 20 Abs. 1 Satz 2 VwVfG) bestehen bzw. Besorgnis der Befangenheit (§ 21 Abs. 1 Satz 1 VwVfG) vorliegt63. Die Normauslegung verbietet, den Ausschluss durchd. BV-Vorst. lediglich zu erklären64 betroffene BV darf an der Entscheidung des Gesamtgremiums nach § 20 Abs. 4 Satz 3 VwVfG in keinem Fall mitwirken. Ein genereller Ausschluss, wenn Besorgnis der Befangenheit außerhalb eines konkreten Verfahrens, also einem Behandlungsgegenstand in der BVV, vorgetragen wird, wäre im Hinblick auf die verfassungsmäßig abgesicherten Beteiligungsrechte eines jeden Mitglieds der BVV nicht angemessen65 Die Entscheidung die BVV unterliegt dem Rechtmäßigkeitsprinzip (ausführlich §§ 12, 18)66
-
Umstritten ist, ob die Norm die Kompetenz eröffnet, durch inneres Statut die Entscheidungsbefugnis des Ausschlusses eines Mitglieds der BVV aufd. BV-Vorst., die jeweilige Sitzungsleitung oder das Tagungspräsidium zu übertragen.
-
Nicht etwajede oder jeder BV,die oder der in einer sachlich zuständigen Senatsverwaltung beschäftigt ist, gilt in entsprechenden Angelegenheiten der BVV als befangen. Maßstab ist vielmehr die direkte dienstliche Beteiligung an den in Satz 2 aufgeführten Verwaltungsverfahren.
-
Da die Einhaltung des Mitwirkungsverbots zu den Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen eines Beschlusses gehört, führt ein Verstoß hiergegen zur formellen Rechtswidrigkeit. Diese Rechtsfolge tritt sowohl dann ein, wenn ein rechtswidriger Ausschluss wegen eines letztlich nicht vorhandenen Mitwirkungsverbots erfolgt ist, als auch bei einer rechtswidrigen Verneinung eines tatsächlich aber vorhandenen Mitwirkungsverbots. Relevant ist dieser Umstand vor allem in Angelegenheiten, die der Entscheidung der BVV vorbehalten sind. Ernsthafte Zweifel an der Rechtmäßigkeit eines derartigen Beschlusses müssen insbesondere vom BA angemeldet werden (ausführlich § 18)67. Auf eine „Ergebniserheblichkeit der Mitwirkung“68 darf nicht abgestellt werden. Der Zweck der Befangenheitsvorschrift ist, „schon den bösen Schein (eines möglichen Interessenkonfliktes zwischen den Gemeinwohlinteressen und individuellen bzw. gruppenbezogenen Sonderinteressen) zu meiden.“69 Deufolge sollen Personen, die wegen eines eigenen oder von ihnen zu vertretenden fremden Interesses am Ausgang des Verfahrens nicht die Gewähr für eine unbeeinflusste, allein an Gesetz und öffentlichem Wohl orientierte Entscheidung bieten, von Anfang an ausgeschlossen sein; haben sie jedoch (rechtswidrig) mitgewirkt, muss die Entscheidung revidiert werden, weil „zur Ermittlung der Kriterien zur Eingrenzung des interessenmäßig berührten Personenkreises im Zweifel vom Empfängerhorizont auszugehen“ sei, also geprüft werden müsse, „welchen Eindruck es auf den Bürger macht, wenn gerade dieses in seinen Interessen möglicherweise tangierte (Mitglied) an der fraglichen Entscheidung“ Teil hatte.68 „Die Mitwirkung eines befangenen (Mitglieds einer kommunalen Vertretungskörperschaft) bei der Beratung oder Beschlussfassung macht einen (Beschluss) rechtswidrig. Das gleiche gilt, wenn ein (Mitglied) ausgeschlossen war, obwohl Befangenheit nicht vorlag.“69 Der „böse Schein“ ist bereits durch eine räumliche Trennung zum Ausdruck zu bringen, berührt jedoch nicht das Teilnahmerecht des ausgeschlossenen Mitglieds an einer öffentlichen Sitzung im für die Besucherschaft bestimmten Bereich des Raumes70.
-
Diese Grundsätze gelten sinngemäß auch für BD (ausführlich § 20) in Ausschüssen (Ausnahme: JHA).
24a. Für die Beteiligung an der Wahl von BV in Gremien oder Funktionen (z. B. Vorstand der BVV bzw. der Ausschüsse oder anderweitige ehrenamtliche Ämter nach § 16 Abs. 1 Buchstabe c) besteht nach § 20 Abs. 2 VwVfG eine Ausnahmeregelung, die eine Selbstwahl zulässt. Satz 3 schließt zudem Befangenheitsumstände bei der Wahl zum BA nach § 16 Abs. 1 Buchstabe a) aus (ausführlich § 16).
Absatz 5: Die Bezirksverordneten erhalten Aufwandsentschädigung und Erstattung der Reisekosten. Das Nähere regelt das Gesetz über die Entschädigung der Mitglieder der Bezirksverordnetenversammlung, der Bürgerdeputierten und sonstiger ehrenamtlich tätiger Personen.
- Obwohl lediglich BD in der Landesverfassung als Inhaber von Ehrenämtern genannt werden (Art. 73 Abs. 2 Satz 2 VvB), sind selbstverständlich auch BV (im Sinne von Art. 19 Abs. 1 VvB) ehrenamtlich tätig und beziehen - wie auch in anderen Bundesländern71 -nach Satz 1 eine Aufwandsentschädigung aus öffentlichen Mitteln. BV sind darüber hinaus in der Wahrnehmung ihrer Aufgaben gegen Unfall versichert72. Satz 2 verweist aufdie besondere gesetzliche Vorschrift, diegesondert kommentiert ist.
-
Urteil des VerfGH vom 17. März 1997 (87/95) zur Fünfprozenthürde sowie Artikel II Nr. 4 des Gesetzes zur Änderung wahlrechtlicher und bezirksverwaltungsrechtlicher Vorschriften vom 5. Juni 1998 (GVBl. S. 122). ↩
-
Vgl. u. a. Stellungnahme der für Inneres zuständigen Senatsverwaltung an die bezirklichen Rechtsämter sowie BV-Vorst. (I A 22-0212/403) vom 25. April 2017 zur Absicht der Anforderung einer „gendergerechten Sprache“ in Drucksachentexten durch eine (rechtswidrige) Regelung in der GO. ↩
-
Vgl. u. a. Beschlüsse des VG Berlin vom 30. Mai 1997 (26 A 222/96) und des OVG Berlin vom 16. September 1997 (8 SN 256/97) sowie des VG Berlin vom 14. Februar 2001 (2 A 14/01). ↩
-
Dr. Heusch, Andreas/Dr. Dickten, Franziska, Präsident bzw. Richterin am VG Düsseldorf: Neue Rechtsprechung zum Kommunalrecht, NVwZ 18/2018, S. 1353. ↩
-
Vgl. § 92 GO des Abgeordnetenhauses. ↩
-
Der Diskontinuitätsgrundsatz erstreckt sich nach einem Urteil des OVG Nordrhein-Westfalen vom 29. März 1971 (II A 1315/68) nur auf Parlamente, vgl. auch Gutachten des Parlamentarischen Beratungsdienstes des Landtags Brandenburg zur Reichweite des Diskontinuitätsgrundsatzes vom 31. März 2015, das die Anwendung für kommunale Vertretungen verneint. ↩
-
Willkürlichkeit liegt nach dem Urteil des BVerfG vom 26. August 2014 vor, wenn die formelle und/oder die materielle Rechtsanwendung, also hier die Verschleppung, unter keinem denkbaren Aspekt rechtlich vertretbar sind und sich daher der Schluss aufdrängt, dass sie auf sachfremden Erwägungen beruht (2 BvR 2172/13 sowie 2 BvR 2400/13). ↩
-
Vgl. Beschluss des BVerfG vom 14. Juni 2017 (2 BvQ 29/17). ↩
-
Ebd. ↩
-
Vgl. Beschluss des VGH Kassel vom 24. September 2008 (8 B 2037/08), LKRZ 2008, 420, zitiert nach juris, dort Rdn. 15f. ↩
-
Siehe beispielhaft: § 5 Abs. 4 GO-BVV Neukölln. ↩
-
Gesetzliche Erwähnung findet ein Rederecht lediglich für fraktionslose BV in Ausschüssen (ausführlich 9). ↩
-
Nach dem Grundsatz der Funktionsfähigkeit der Verwaltung als Bestandteil des Rechtsstaatsprinzips (Art. 20 Abs. 3 GG): vgl. Urteil des BVerfG vom 27. April 1959 (2 BvF 2/58), Musil/Kirchner Rz 302 (Fn 36); zum Rederecht im Übrigen u. a. Beschluss des OVG Lüneburg vom 9. November 1989 (10 M 36/89), Beschluss des Bayerischen VGH vom 4. Oktober 2010 (4 CE 10.2403), Urteile des VG Oldenburg vom 20. März 2012 (1 A 2665/11) bzw. des OVG Lüneburg vom 4. Dezember 2013 (10 LC 64/12). ↩
-
Vgl. Urteil des BVerfG vom 14. Juli 1959 (2 BvE 2+3/58) zu Rechten eines BT-Mitglieds in sinngemäßer Anwendung. ↩
-
Vgl. Urteil des BVerfG vom 13. Juni 1989 (2 BvE 1/88) zu Rechten eines fraktionslosen BT-Mitglieds in sinngemäßer Anwendung. ↩
-
Vgl. Urteil des BVerfG vom 14. Juli 1959 (2 BvE 2+3/58) zu Rechten eines BT-Mitglieds in sinngemäßer Anwendung. ↩
-
Ebd. ↩
-
Urteil des BVerfG vom 13. Juni 1989 (2 BvE 1/88). ↩
-
Beschluss des VGH Baden-Württemberg vom 4. November 1993 (1 S 953/93). ↩
-
Nach einem Urteil des BVerfG vom 5. November 1975 (2 BvR 193/74) ist die Demokratie des GG grundsätzlich eine „privilegienfeindliche“ Demokratie; vgl auch: Stellungnahme von SenInnSport (I A 22) vom 9. Juni 2017 an alle BV-Vorst. zu einem Beanstandungsvorgang in der BVV Lichtenberg. ↩
-
Beschluss des OVG Magdeburg vom 31. Juli 2009 (4 O 127/09), vgl. NvWZ-RR 3/2010, S. 123; anders: Urteil des VGH Baden-Württemberg vom 30. März 1992 (1 S 1762/91). ↩
-
Zum Spannungsfeld in Materien, die (teilweise) im Zuständigkeitsbereich der Hauptverwaltung liegen, vgl. RdB-Vorlage Nr. R-37/2022 - zur Kenntnisnahme - RgBm - Skzl vom 7. Februar 2022 sowie Schriftliche Anfrage des Abg. Reifschneider (FDP-Fraktion) über „Wie reagiert die SenUMVK auf Beschlüsse von Bezirksverordnetenversammlungen?“ vom 24. Mai 2022 (19/11 826); Beantwortungspflichten können nach der Schriftlichen Anfrage des Abg. Trefzer (AfD-Fraktion) über Nichtbeantwortung einer Schriftlichen Anfrage durch das Bezirksamt Treptow-Köpenick vom 25. Juli 2022 (S19-12 530) ggf. auch durch Verweisung auf einen (veröffentlichten) Bericht im zuständigen Ausschuss, soweit d. Anfragende Mitglied ist, erfüllt werden. ↩
-
Vgl. auch Beschluss des VerfGH vom 18. Februar 2015 (92/14) zur Beantwortungsverpflichtung des Senats gegenüber einem Mitglied des Parlaments; „ob“ und „wie“ ist für die bezirkliche Ebene sinngemäß übertragbar. ↩
-
Beschlüsse des VerfGH vom 11. April 2018 (91/17), 20. März 2019 (92/17), 20. Mai 2020 (159/19) sowie vom 13. Dezember 2023 (34/23).Änderung vom 30.09.2024 ↩
-
Vgl. abweisendes Urteil des OVG Niedersachsen vom 4. März 2014 (10 LB 93/13), da ein individuelles Akteneinsichtsrecht eines Mitglieds einer kommunalen Vertretungskörperschaft gemeindeordnungsrechtlich nicht normiert ist (DVBl 2014, S. 595, NVwZ-RR 13/2014, S. 531). ↩
-
Nicht belegt. ↩
-
Nicht belegt. ↩
-
Nicht belegt. ↩
-
Nicht belegt. ↩
-
Nicht belegt. ↩
-
Beschluss des VerfGH vom 11. April 2018 (91/17) in sinngemäßer Übertragung. ↩
-
Vgl. Begründung zu § 11 in Artikel I des Siebenten Gesetzes zur Änderung des Bezirksverwaltungsgesetzes im Antrag der SPD-Fraktion, PDS-Fraktion, Fraktion Bündnis 90/Die Grünen und FDP-Fraktion im Abgeordnetenhaus von Berlin (15/3708) vom 24. Februar 2005 über „Mehr Demokratie für Berlinerinnen und Berliner (II)“. ↩
-
Beantwortung der Kleinen Anfrage des Abgeordneten Thomas Birk (Fraktion Bündnis 90/Die Grünen) über Akteneinsichtsrecht der Bezirksverordneten vom 17. November 2005 (15/12 991); vgl. auch: Urteil des VG Berlin vom 10. Mai 2005 (2 A 178/04) und Beantwortung der Kleinen Anfrage Nr. 860/2 des BV Joachim Dannert (CDU-Fraktion) in der BVV Charlottenburg-Wilmersdorf vom 15. März 2006. ↩
-
Urteil des VG Braunschweig vom 25. April 2013 (1 A 28/13) zu § 58 Abs. 4 Niedersächsisches Kommunalverfassungsgesetz (Zuständigkeit der Vertretung): „Die Vertretung überwacht die Durchführung ihrer Beschlüsse sowie den sonstigen Ablauf der Verwaltungsangelegenheiten. Sie kann zu diesem Zweck vom Hauptausschuss und von der Hauptverwaltungsbeamtin oder dem Hauptverwaltungsbeamten die erforderlichen Auskünfte verlangen. Wenn ein Viertel der Mitglieder der Vertretung oder eine Fraktion oder Gruppe dies verlangt, ist einzelnen Abgeordneten Einsicht in die Akten zu gewähren. Diese Rechte gelten nicht für Angelegenheiten, die der Geheimhaltung unterliegen (§ 6 Abs. 3 Satz 1).“ Im Kontext der Norm ist das dortige Akteneinsichtsrecht allerdings im Gegensatz zu Berlin nicht unbeschränkt, was durch Urteil des OVG Niedersachsen vom 18. März 2013 (10 LB 91/13) sowie durch Beschluss des BVerwG vom 1. Oktober 2014 (10 B 52/14) bestätigt wurde. ↩
-
Siehe Fn33. ↩
-
Nicht belegt. ↩
-
Nicht belegt. ↩
-
In sinngemäßer Anwendung von § 17 GGO I (zuvor: § 24a) sowie Nr. 3 des Rundschreibens I Nr. 54/2006 der Sen Inn vom 1. November 2006. ↩
-
Dieser Umstand ist - zunächst - einem quantitativen Aspekt geschuldet; so wurden beispielsweise im Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf in der ca. 1.500 Tage umfassenden 15. Wahlperiode des Abgeordnetenhauses ca. 1.000 Kleine (und zusätzlich ca. 500 Mündliche) Anfragen gestellt (und im Regelfall beantwortet). Bleiben sitzungsfreie Zeiten, Feiertage und Wochenenden ausgespart, wurden der Bezirksverwaltung durchschnittlich bald zwei Anfragen pro Arbeitstag 'präsentiert', die sich im Hinblick auf die Felder der Kommunalpolitik darüber hinaus nicht etwa gleichmäßig auf die Dezernate verteilen. ↩
-
Kostenbeschluss des OVG Nordrhein-Westfalen vom 12. April 2010 (15 A 69/09) - vgl. Nr. 20 NVwZ-RR 16/2010 -, der hinsichtlich der Grundaussagen auch auf das Berliner Recht erstreckt werden kann. Gegen das erstinstanzliche Urteil des VG Gelsenkirchen (15 K 2374/07) vom 28. November 2008 wurde Berufung eingelegt, über die jedoch im Hinblick auf das Ausscheiden des fragenden Mitglieds der Kommunalvertretung und Antragstellers nicht mehr entschieden wurde. Dazu bestätigend: Müller, Jürgen (Stadtdirektor und Stadtkämmerer a. D.) in VR 7/2015, S. 231ff; kritisch: Herbert, Torsten (Justitiar im Referat Recht und Ordnung der Stadt Gelsenkirchen), DVP 1/11, S. 9ff. Auch das Urteil des Hamburgischen VerfGH (1/10) vom 21. Dezember 2010 beinhaltet beachtenswerte Leitsätze (NVwZ-RR 7/2011, S. 267 und 11/2011, S. 425): Beantwortungsverpflichtung gilt nicht unbeschränkt; zum einen kann höherrangiges Recht die Erteilung einer Antwort ganz oder teilweise verbieten. Zum anderen können weitere Gründe, etwa die am Schutz der Funktions- und Arbeitsfähigkeit der Exekutive zu messende Unzumutbarkeit berechtigen, die Antwort ganz oder teilweise begründet zu verweigern. Die Begründungstiefe richtet sich nach dem jeweiligen Einzelfall. Sie darf jedoch nicht inhaltsleer sein, sondern muss eine Sachaussage enthalten; sie darf nicht formelhaft sein, sondern muss spezifischen Einzelfallbezug haben; sie muss nachvollziehbar sein, also überprüfbare Anknüpfungstatsachen benennen. Diesen Anforderungen genügt eine Begründung nicht, die lediglich anführt, die Auswertung der in Betracht kommenden Unterlagen innerhalb einer gesetzten Frist sei mit vertretbarem (zumutbarem) Verwaltungsaufwand nicht möglich. Bei Unzumutbarkeit einer vollständigen inhaltlichen Beantwortung verbleibt grundsätzlich ein Anspruch auf Erteilung einer inhaltlichen Teilantwort, soweit einer solchen nicht ihrerseits einzelfallbezogene Verweigerungsgründe entgegenstehen, auf die sich der zur Beantwortung Verpflichtete begründet beruft ('so viel Antwort wie möglich'). Dazu teilweise kritisch: Dr. Schnabel, Christoph (Referent beim Hamburgischen Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit), NVwZ 10/2011, S. 604ff. ↩
-
Artikel 45 Absatz 1 Satz 4 VvB: Schriftliche Anfragen sind durch den Senat grundsätzlich innerhalb von drei Wochen schriftlich zu beantworten und dürfen nicht allein wegen ihres Umfangs zurückgewiesen werden. ↩
-
Vgl. Urteil des StGH Bückeburg vom 29. Januar 2016 (1/15) in sinngemäßer Übertragung der verfassungsrechtlichen Beantwortungsgrundsätze im Verhältnis zwischen der Landesregierung und dem Landtag Niedersachsen. ↩
-
Die Regelung geht auf einen Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen (Rote Nr. 3348C, Hauptausschuss vom 9. Juni 2021) zurück: Kleine Anfragen sind durch das Bezirksamt grundsätzlich innerhalb von fünf Wochen schriftlich zu beantworten und dürfen nicht allein wegen ihres Umfangs zurückgewiesen werden. Das Nähere regeln die Geschäftsordnungen der Bezirksverordnetenversammlungen. Die Initiatoren waren sich mit den Fraktionen von CDU und FDP in der Beratung ausdrücklich einig, dass nur eine Beantwortungshöchstfrist von fünf Wochen geregelt werden sollte, die (durch eine geschäftsordnungsmäßige Regelung) verkürzt werden kann. Um dies zu verdeutlichen, wurde beschlossen, das ursprünglich verwendete Wort „grundsätzlich“ durch „spätestens“ zu ersetzen (vgl. Wortprotokoll des Hauptausschusses - 18/92). ↩
-
Sanktionsmechanismus könnte die regelmäßige öffentliche Publizierung einer Liste der Fristversäumnisse bei der Beantwortung von Anfragen ('Schwarzbuch') sein. ↩
-
Z. B. nach § 65 SGB VIII: Es ist „zwar nicht zu verkennen, dass personenbezogene und nicht-personenbezogene Informationen oftmals unentwirrbar miteinander verbunden sind. (Derartige Akten enthalten jedoch keineswegs ausschließlich Daten der persönlichen und erzieherischen Hilfen, die dem besonderen Vertrauensschutz nach § 65 SGB VIII unterliegen. Die Verschwiegenheitspflicht der Jugendamtsverwaltung darf insoweit nicht zur) Versuchung werden, Abschirmung gegenüber Öffentlichkeit [Kritik, Beteiligungsansprüche usw.] missbräuchlich mit dem pauschalen Hinweis auf den Datenschutz zu legitimieren. Missbräuchlich ist dieser Weg, wenn es nicht der Betroffene ist, der geschützt werden soll, sondern die Abschottung gegen Kritik und Kontrolle bezweckt wird. Pauschal ist er, wenn gar nicht erst versucht wird, die Legitimation zu schaffen, indem z. B. der Betroffene um sein Einverständnis gefragt oder - falls möglich - eine Anonymisierung der Daten vorgenommen wird.“(Wiesner, SGB VIII Vor § 61 Rdnr. 44) Für Akten des öffentlichen Gesundheitsdienstes ist nach § 19 GDG entsprechendes anzunehmen: Daten, die im Rahmen ärztlicher Tätigkeit erhoben wurden, unterliegen zwar besonderen, mitunter außerordentlichen Offenbarungshemmnissen und sind im Rahmen eines Antrags auf Akteneinsicht ohne Zweifel schutzwürdig mit der Folge, die Weitergabe zu verweigern. Jedoch kann nicht pauschal mit Erfolg geltend gemacht werden, dass eine solche Akte in toto nicht eingesehen werden dürfte. Die Einsicht in Personalakten bedarf nach § 88 Absatz 2 LBG der Zustimmung der Beschäftigten. ↩
-
Einzelbegründung zu § 11 der Vorlage - zur Beschlussfassung - über das Gesetz zur Änderung des Bezirksverwaltungsgesetzes und zur Änderung anderer Gesetze vom 6. Januar 2021 (18/3283). „Die Einstufung einer Unternehmensinformation als geheimhaltungsbedürftiges Betriebs- und Geschäftsgeheimnis setzt voraus, dass dem betroffenen Unternehmen bei Bekanntwerden dieser Information tatsächlich ein wirtschaftlicher Nachteil droht. Eine bloße Behauptung des Unternehmens, dass ein Nachteil drohe, ohne eine substantiierte Plausibilisierung, genügt insoweit nicht.“ (Beantwortung der Schriftlichen Anfrage des Abg. Förster vom 9. März 2023 (19/14 954) über Bezirksamt Treptow-Köpenick verweigert öffentliche Nennung von Baukosten - Ergebnis der Prüfung der Bezirksaufsicht/Nachfrage zur Anfrage 19/10360) ↩
-
Ebd., zum Spannungsfeld beim Auskunftsrecht von Abgeordneten aus dem Grundbuch vgl. Beschluss des BGH vom 9. Januar 2020 (V ZB 98/19). ↩
-
Zu einem Problem kann jedoch eine vom BA versagte Akteneinsicht eines BV führen, soweit die Entscheidung im Verwaltungsstreitverfahren angefochten und in diesem Zusammenhang die Akteneinsicht der Klägerin oder des Klägers als prozessbeteiligte Person nach § 99 Abs. 1 VwGO einschließlich der (bisher) nicht offenbarten Verwaltungsvorgänge beantragt wird. Dazu sehr informativ: Dr. Weber, Informationsfreiheitsgesetze und prozessuales Akteneinsichtsrecht (NVwZ 2008, 1284). Allerdings wird ein solcher Konflikt vermieden, wenn das VG ein „in camera“-Verfahren durchführt, vgl. Beschluss des BVerwG vom 23. Juni 2011 (20 F 21/10), NVwZ 2012, 112. ↩
-
Obwohl sich das Akteneinsichtsrecht eines BV von dem eines Mitglieds des Abgeordnetenhauses (nach Art. 45 Abs. 2 VvB) bereits auf Grund des rechtlichen Status grundlegend unterscheidet, sind bestimmte Mindestanforderungen an die Prüfung und Begründung einer (teilweisen) Einsichtsverweigerung zu beachten. Auch wenn es um einen umfangreichen Aktenbestand (vorliegend 180 Ordner mit ca. 90.000 Blatt!) geht, der eingesehen werden soll (oder nicht), ist es zuzumuten, eine „vollständige, konkrete und nachvollziehbare Gewichtung und Abwägung der widerstreitenden Interessen“ vorzunehmen. Ausschlussgründe, die es rechtfertigen würden, ganze Aktenordner oder Teile von ihnen „gänzlich zurückzuhalten, wenn sie nur in Teilen geheimhaltungsbedürftige Daten enthalten“, wären nach dem Urteil des VerfGH vom 14. Juli 2010 (57/08) nicht hinreichend. Eine (nach Art und Umfang) zulässige Akteneinsicht ist auch durch die Anfertigung von Kopien durch mitgebrachte Vervielfältigungsgeräte möglich (SenInnSport - I A 12-0201/48 - Rundschreiben I Nr. 50/2010 vom 17. August 2010 auf Grund des Beschlusses des Abgeordnetenhauses vom 17. Juni 2010 zur Stellungnahme des Senats zum Bericht des Berliner Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit für das Jahr 2008 (16/2576) auf Beschlussempfehlung des Ausschusses für Inneres, Sicherheit und Ordnung vom 17. Mai 2010 (16/3227). ↩
-
So ein Beschluss vom 19. November 2015 (4 L 2816/15) und ein Urteil des VG Köln vom 7. Juli 2016 (4 K 6700/15), mit denen einem Mitglied des Stadtrats Bonn der (angekündigte) Besuch einer Flüchtlingseinrichtung verwehrt wurde, m. w. N. sowie kritischen Anmerkungen eines ehemaligen Stadtdirektors und Stadtkämmerers (VVwZ 4/2017, S. 248). ↩
-
Urteil des OVG Sachsen vom 30. August 2019 (4 C 12/17), bestätigt durch Beschluss des BVerwG vom 11. März 2020 (8 BN 3/19). ↩
-
Vgl. Einzelbegründung zu § 11 der Vorlage - zur Beschlussfassung - über das Gesetz zur Änderung des Bezirksverwaltungsgesetzes und zur Änderung anderer Gesetze vom 6. Januar 2021 (18/3283). ↩
-
Vgl. Beschluss des OVG Nordrhein-Westfalen vom 23. Dezember 2009 (15 A 2126/09) m. w. N. Relativierend: „obiter dictum“ im Beschluss des VG vom 31. Juli 2014 (27 L 166/14), in dem eine vom Tagesspiegel gegen den Präsidenten des Deutschen Bundestags beantragte Eilentscheidung, Wortprotokolle von nichtöffentlichen Sitzungen des Innenausschusses zur Aufklärung der „Edathy-Affäre“ zu offenbaren, verworfen wurde. ↩
-
Vgl. Einzelbegründung zu § 11 der Vorlage - zur Beschlussfassung - über das Gesetz zur Änderung des Bezirksverwaltungsgesetzes und zur Änderung anderer Gesetze vom 6. Januar 2021 (18/3283). ↩
-
In sinngemäßer Anwendung der im Beschluss des OVG Nordrhein-Westfalen vom 7. April 2011 (15 A 441/11) aufgestellten Grundsätze. ↩
-
Nach § 25 Abs. 5 BbgKVerf kann die schuldhafte Verletzung der Verschwiegenheitspflicht mit einem Ordnungsgeld bis zu 1.000 Euro geahndet werden. ↩
-
Vgl. Einzelbegründung zu § 11 der Vorlage - zur Beschlussfassung - über das Gesetz zur Änderung des Bezirksverwaltungsgesetzes und zur Änderung anderer Gesetze vom 6. Januar 2021 (18/3283). ↩
-
Es darf nach § 20 Abs. 1 VwVfG nicht tätig werden,
- wer selbst Beteiligter ist;
- wer Angehöriger (Verlobte, Ehegatte, Verwandte oder Verschwägerte in gerader Linie, Geschwister, Kinder der Geschwister, Ehegatten der Geschwister und Geschwister der Ehegatten, Geschwister der Eltern, Pflegeeltern und Pflegekinder) eines Beteiligten ist;
- wer einen Beteiligten kraft Gesetz oder Vollmacht allgemein oder in diesem Verwaltungsverfahren vertritt oder wer ein Angehöriger dieses Verfahrensbevollmächtigten ist;
- wer Angehöriger einer Person ist, die einen Beteiligten in diesem Verfahren vertritt;
- wer bei einem Beteiligten gegen Entgelt beschäftigt ist oder bei ihm als Mitglied des Vorstandes, des Aufsichtsrates oder eines gleichartigen Organs tätig ist;
- wer außerhalb seiner amtlichen Eigenschaft in der Angelegenheit ein Gutachten abgegeben hat oder sonst tätig geworden ist.
Dem Beteiligten steht gleich, wer durch seine Tätigkeit oder durch die Entscheidung einen unmittelbaren Vorteil oder Nachteil erlangen kann. Unmittelbarkeit ist anzunehmen, soweit die Entscheidung ohne Hinzutreten eines weiteren Umstands die mitwirkende Person direkt berührt. Dies gilt nicht, wenn der Vor- oder Nachteil nur darauf beruht, dass jemand einer Berufs- oder Bevölkerungsgruppe angehört, deren gemeinsame Interessen durch die Angelegenheit berührt werden.
-
In Sachentscheidungen erschließt sich Befangenheit zumindest auf den zweiten Blick; bei strengem Maßstab ist jedoch auch jede Wahlentscheidung einer BVV, BV in ein Gremium zu entsenden, unter Beteiligung des „Beteiligten“ problematisch (Schöffenwahlausschuss, Schiedspersonen, Widerspruchsbeirat in Sozialhilfeangelegenheiten usw.). Die Inkompatibilität zwischen Amt und Mandat ist offenbar nicht nur in Parlamenten relativ, wird jedoch zugunsten der Ausübung des (freien) Mandats entschieden (vgl. Gern, Alfons, Deutsches Kommunalrecht, Baden-Baden 2003, Rd-Nr. 517, Warg, Dr. Gunter, Recht des Kandidaten auf Abstimmung in eigener Sache?, VR 5/2016, S. 153). ↩
-
Kopp/Ramsauer, VwVfG, § 88 Rn. 6a m. w. N. im Ergebnis bejahend; vgl. auch Dr. Wolf, LKV 2015, 208. Wenn die BVV auch keinen Ausschuss darstellt, ist sie gleichwohl kollegial strukturiert, sodass eine entsprechende Anwendung zu Ergebnissen führt, die dem Sinn und Zweck der Norm nicht entgegen stehen; vgl. auch Niederschrift der öffentlichen Sitzung des VG am 16. Oktober 2014, in der ein Streitverfahren (nach Kostenübernahmeerklärung der beklagten BVV Pankow) für erledigt erklärt wurde (2 K 267/13). ↩
-
In einem behördlichen Ablauf werden die verwaltungsverfahrensrechtlichen Rechtsnormen regelmäßig über die Festlegung von sachlicher und örtlicher Zuständigkeit des mit einer bestimmten Dienstkraft besetzten Dienstpostens gewährleistet. Sie erstreckt sich auf Aktenbearbeitung sowie persönlichen Kontakt zum Empfänger einer Dienstleistung und schließt eine innerbehördliche Erörterung der Angelegenheit ein. Ein derartig radikaler Eingriff in die Zuständigkeit ist in der BVV hingegen nicht umsetzbar. Das Ausmaß der (räumlichen) Entfernung d. betreffenden BV zum Ort der Beratung und Entscheidung ist mit Augenmaß zu qualifizieren: Die übrigen (nicht befangenen) Mitglieder der BVV sollen vor möglichen sachfremdem Einflüssen (durch das befangene) Mitglied geschützt werden, in der Öffentlichkeit soll der „böse Schein“ vermieden werden. Der Sitzplatz in den Reihen der BV ist zwar unstreitig zu verlassen; das Verlassen des Sitzungssaals ist jedoch nicht in jedem Fall zwingend. Setzt sich d. BV beispielsweise 'demonstrativ' zum Publikum, wird der Normzweck überwiegend erfüllt werden können. Das in Kopp/Ramsauer, VwVfG, § 20 Rn. 51, angeführte vollständige Präsenzverbot (auch nicht als bloße Zuhörerin oder bloßer Zuhörer in einem etwa vorhandenen besonderen Raum) ist bei der strikten Beachtung der Rechtsfolgen einer Befangenheit an sich in der Regel hingegen nicht sachgerecht. Maßgebend ist der Einzelfall. ↩
-
Liegt ein Grund vor, der geeignet ist, Misstrauen gegen eine unparteiische Amtsausübung zu rechtfertigen, oder wird von d. Beteiligten das Vorliegen eines solchen Grundes behauptet, so hat nach § 21 Abs. 1 VwVfG die- oder derjenige, welcher in einem Verwaltungsverfahren für eine Behörde tätig werden soll, die Leiterin oder den Leiter der Behörde zu unterrichten und sich auf deren oder dessen Anordnung der Mitwirkung zu enthalten. Betrifft die Besorgnis der Befangenheit die Leiterin oder den Leiter der Behörde, so trifft diese Anordnung die Aufsichtsbehörde, sofern sich die Behördenleiterin oder der Behördenleiter nicht selbst einer Mitwirkung enthält. Für Mitglieder eines Ausschusses (§ 88 VwVfG) gilt nach Absatz 2 § 20 Abs. 4 VwVfG entsprechend. ↩
-
Vgl. Rechtliche Hinweise; Kopp/Ramsauer, VwVfG, § 20 Rn. 50; vertreten wird zwar mitunter, dass eine Entscheidung des Ausschusses im Sinne von § 88 VwVfG nicht durch Selbstablehnung eines Ausschussmitglieds entbehrlich sei. Im Hinblick auf die sinngemäße Übertragung in die Verfahren einer BVV kann diese Annahme hier jedoch nicht gelten. Die Durchführung einer Abstimmung, deren Folge vorher feststeht, wäre für ein gewähltes Organ unangemessen. ↩
-
Vgl. Rechtliche Hinweise; darüber hinaus ist auf grundsätzlichen Prämissen im Urteil des OVG Niedersachsen vom 31. Oktober 2013 (LC 72/12) hinzuweisen. ↩
-
Anders: Kopp/Ramsauer, VwVfG, § 21 Rn. 25a m. w. N., jedoch hinsichtlich anderer Ausschüsse. ↩
-
Nimmt ein Mitglied der BVV an einer Beratung und Beschlussfassung teil, obwohl die Voraussetzungen eines Ausschlusses vorliegen, muss das BA diese Entscheidung beanstanden. Würde die BVV eine Beteiligung durch Beschluss verweigern, hätte d. betroffene BV das Recht zur verwaltungsgerichtlichen Überprüfung. Die Beschwer eines anderen Mitglieds wird in der Judikatur hingegen verneint: Urteil des VG Oldenburg vom 18. März 2014 (1 A 6502/13) im Hinblick auf in dieser Hinsicht vergleichbares Kommunalrecht. ↩
-
Vgl. Entscheidung des VGH Kassel 1976, zitiert nach: Dr. Borchmann, NVwZ 1982, 18. ↩
-
Dr. Wolf, Robert, LKV 2015, 208, unter Verweis auf anderweitige kommunalrechtliche Regelungen (Bayern, Brandenburg, Nordrhein-Westfalen, Thüringen). ↩ ↩
-
Von Mutius 1979, zitiert nach: Dr. Borchmann, NVwZ 1982, 18; der „böse Schein“ scheint insoweit weit: Mit Urteil vom 29.März 2012 hat das OVG des Saarlandes (2 C 252/10) z. B. den Beschluss eines Gemeinderats über einen Bebauungsplan im Wege des Normenkontrollverfahrens für unwirksam erklärt, da der Bruder eines Mitglieds Eigentümer eines (nichtplanbefangenen) Nachbargrundstücks ist und sich das Gemeinderatsmitglied an der Beratung und Abstimmung dennoch beteiligte. ↩ ↩
-
Gern, Alfons, Deutsches Kommunalrecht, Baden-Baden 2003, Rd-Nr. 520. ↩
-
Ebd. ↩
-
Vgl. Urteil des OVG Rheinland-Pfalz vom 12. Mai 2016 (1 C 10321/15), wonach ein Satzungsbeschluss einer kommunalen Vertretung zu einem Bebauungsplan für unwirksam erklärt wurde, weil ein ausgeschlossenes Mitglied „auf einem für Mitarbeiter der Verwaltung vorgesehenen Stuhl unmittelbar hinter der Stirnseite des u-förmigen Beratungstisches (Platz nahm), an der Bürgermeister und Beigeordnete saßen.“ (DVBl. 17/2016, S. 1131). ↩