§ 16 Wahlen und Abberufungen durch die Bezirksverordnetenversammlung

Absatz 1: Die Bezirksverordnetenversammlung wählt
a) die Mitglieder des Bezirksamts (§ 35 Abs. 1),
b) die Bürgerdeputierten (§ 21),
c) alle ehrenamtlich tätigen Bürgerinnen und Bürger, soweit ihre Wahl den Bezirken zusteht und Rechtsvorschriften nichts Abweichendes bestimmen,
d) die Vertreterinnen und Vertreter und deren Stellvertreterinnen und Stellvertreter im Verwaltungsrat von Eigenbetrieben (§ 6 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 5 Satz 2 des Eigenbetriebsgesetzes),
e) die Patientenfürsprecherinnen und den Patientenfürsprecher (§ 30 Abs. 1 des Landeskrankenhausgesetzes).

  1. Grundsätzlich stellt sich die Frage nach einem Mitwirkungs- bzw. Abstimmungsverbot (ausführlich § 11), wenn es um die Kandidatur eines Mitglieds des Wahlkörpers selbst geht. Es handelt sich zwar nicht unmittelbar um Verwaltungsverfahren, dennoch zieht eine gewählte Person aus der Wahl einen unmittelbaren Vorteil. Die Beteiligung ist jedoch von dem allgemeinen Rechtsgedanken der Zulässigkeit einer Selbstwahl für eine ehrenamtliche Tätigkeit (§ 20 Abs. 2 VwVfG)gedeckt1. Hinsichtlich der Buchstaben a) und b) wird im Übrigen auf die Kommentierung der entsprechenden Vorschriften verwiesen. Die Aufzählung in dieser Norm dient lediglich der Vollständigkeit der Rechte der BVV, bestimmte Wahlen durchzuführen. Hinsichtlich des organschaftlichen Wahlrechts und der damit einhergehenden Verpflichtung zur Durchführung der Wahl der Mitglieder des BA nach Buchstaben a) liegt eine Befangenheit bei Kandidaturen aus der Mitte der BVV von Gesetzes wegen (ausführlich § 11) nicht vor. Hierzu und bezogen auf die Wahlen nach Buchstabe b) wird im Übrigen auf die Kommentierung der entsprechenden Vorschriften verwiesen. Erfolgt die Bildung von Institutionen und Gremien aufgrund von Wahlvorschlägen der Fraktionen nach den Mehrheits- und Stärkeverhältnissen, stehen diese Akte jeweils unter dem Vorbehalt der Wahl. In dieser Hinsicht darf insoweit das freie Mandat nicht beschränkt werden. „Ein Recht der Fraktionen (…) auf Steuerung und Einengung (dieser) Wahl (…) durch prozedurale Vorkehrungen scheidet daher aus.“2

  2. Neben den Aufgaben der Sachpolitik hat die BVV wichtige personelle Entscheidungen zu treffen, dazu zählen über die Bildung des BA und der Ausschüsse hinaus nach Buchstabe c) insbesondere die im und für den Bezirk wirkenden ehrenamtlich tätigen Personen in unterschiedlichen Lebensbereichen, für deren Wahl regelmäßig besondere Rechtsvorschriften bestehen.

  3. Altenhilfe nach § 71 Abs. 1 SGB XII soll dazu beitragen, Schwierigkeiten, die durch das Alter entstehen, zu verhüten, zu überwinden oder zu mildern und alten Menschen die Möglichkeit eröffnen, am Leben in der Gemeinschaft teilzunehmen. Zur Erfüllung des Leistungskanons des Absatzes 2 dieser Vorschrift werden im Rahmen der Ausgestaltung der Selbstverwaltungsgrundsätze (ausführlich § 3) neben den Fachkräften der bezirklichen Sozialverwaltung Personen im Ehrenamtlichen Dienst mit ergänzender Funktion eingesetzt. Dabei sind die Bezirke nach Nr. 2 VV EaD gehalten, geeignete Anspracheformen zu finden, um für alle Teile der Bevölkerung adäquate Dienste und Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner zur Verfügung zu stellen3. Die Mitglieder des Ehrenamtlichen Dienstes arbeiten in Sozialkommissionen und sollen nach Nr. 11 VV EaD auf Vorschlag des BA für die Dauer von vier Jahren von der BVV gewählt werden. Diese Vorschlagsliste wird häufig vorab in dem für Soziales zuständigen Ausschuss der BVV erörtert.

  4. An der Rechtspflege sind Männer und Frauen aller Volksschichten nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu beteiligen (Art. 79 Abs. 2 VvB). Die rechtsprechende Gewalt wird durch Berufsrichter und durch ehrenamtliche Richter ausgeübt (§ 1 DRiG), die in der Strafgerichtsbarkeit die besondere Bezeichnung „Schöffen“ führen (§ 45a DRiG). Die (Vor-)Auswahl dieses Personenkreises („gleichsam die Verbindung zwischen der Dritten Gewalt und dem Volk“4) erfolgt mittels Abstimmung über entsprechende Vorschlagslisten durch die BVV.

  5. Gerichte der Verwaltungsgerichtsbarkeit sind nach §§ 2, 3 Abs. 2, 5 Abs. 2 und 3 VwGO in den Ländern VG und OVG (vgl. § 1 Abs. 1 AGVwGO), die sich in Kammern mit drei Richtern und zwei ehrenamtlichen Richtern gliedern. Nach § 28 Satz 1 VwGO stellen die Kreise und kreisfreien Städte, nach § 185 Abs. 1 VwGO in den Stadtstaaten Hamburg und Berlin die Bezirke, in jedem fünften Jahr eine entsprechende Vorschlagsliste auf. Die Auswahl der ehrenamtlichen Richterinnen und Richter ist zwar rechtssystematisch der Sachentscheidungsbefugnis der BVV zuzuordnen (ausführlich § 12)5; kommunalpolitisch handelt es sich jedoch um eine personelle Entscheidung. Die Zusammenstellung der Vorschläge hat nach Satz 3 der genannten Vorschrift die doppelte Anzahl der erforderlichen Personen zu umfassen. Regelmäßig wird die BVV (nach § 27 VwGO von den Präsidenten des VG/OVG) zur Benennung einer entsprechenden Anzahl aufgefordert und auf die Beachtung der erforderlichen persönlichen Voraussetzungen hingewiesen (vgl. §§ 19 ff. VwGO). Werbung und technische Vorbereitung obliegt der Verwaltungsbehörde, mitunter der BVV selbst (durch das Büro der BVV). Die (eigentliche) Wahl wird durch einen beim VG nach § 26 Abs. 1 VwGO gebildeten Ausschuss vorgenommen, dem u. a. vom Abgeordnetenhaus für die Dauer einer Wahlperiode gewählte Beisitzer angehören; dieser Richterwahlausschuss wird für das OVG Berlin-Brandenburg länderparitätisch besetzt6. Die Vorschlagsliste bedarf nach § 28 Satz 4 VwGO der Zustimmung von zwei Dritteln der anwesenden Mitglieder der Vertretungskörperschaft, mindestens jedoch der Hälfte der gesetzlichen Mitgliederzahl. Allerdings bleiben nach Satz 5 dieser Norm die jeweiligen Regelungen zur Beschlussfassung der Vertretungskörperschaft unberührt. Regelt Landes- oder Kommunalrecht zwingend ein davon abweichendes Quorum zur Beschlussfassung, handelt es sich um eine spezielle Norm, die der allgemeinen bundesrechtlichen Norm vorgeht („lex specialis derogat generali“). Die BVV beschließt jedoch nur dann mit einfacher Stimmenmehrheit, falls Verfassung oder Gesetz nicht ein anderes Stimmenverhältnis vorschreiben (ausführlich § 8). Der bundesrechtlichen Öffnungsklausel von § 28 Satz 5 VwGO steht insoweit eine landesrechtliche Verweisung auf spezielle andere gesetzliche Regelungen über das Erfordernis einer qualifizierten Mehrheit (§ 28 Satz 4 VwGO) für einen bestimmt bezeichneten Sachgegenstand gegenüber, die vorliegend heranzuziehen ist. Insoweit ist ein Quorum von zwei Dritteln der Mitglieder der BVV zur Annahme der vorgeschlagenen Personen erforderlich. EinzelwahlÄnderung vom 30.09.2023 ist zulässig.

  6. Die ordentliche Gerichtsbarkeit in Strafsachen wird u. a. durch Amts- und Landgerichte ausgeübt (§ 12 GVG). Die jeweils erforderliche Zahl der Schöffen wird nach § 36 Abs. 1 Satz 1 GVG alle fünf Jahre in Form einer Vorschlagsliste, die nach Absatz 4 Satz 1 der Vorschrift die doppelte Anzahl der erforderliche Haupt- und Hilfsschöffen zu umfassen hat, durch die Gemeinde bestimmt. Auf Grund der bundesrechtlichen Ermächtigung in § 4a GVGEG obliegt diese Aufgabe in Berlin nach § 5 Abs. 2 AZG in Verbindung mit § 4 Abs. 1 Satz 2 AZG den Bezirken. Regelmäßig werden alle vorbereitenden Maßnahmen einschließlich des erforderlichen Zugriffs auf das Melderegister von der Bezirksverwaltung getroffen, der BVV werden anschließend die Personalvorschläge, deren Gesamtzahl nach § 50 Abs. 2 JustizG Bln Änderung vom 30.09.2023durch den Präsidenten des Landgerichts für jeden Bezirk beziffert wird, präsentiert7. Eine vorherige Beratung in einem Ausschuss (z. B. dem für den Geschäftsbereich der Bürgerdienste zugeordneten Organ) ist nicht zu beanstanden. Die Annahme dieser Vorschlagsliste durch die BVV8 ist gleichfalls ihrer Sachentscheidungsbefugnis zuzuordnen. Die Vorschlagsliste bedarf nach § 36 Abs. 1 Satz 2 GVG der Zustimmung von zwei Dritteln der anwesenden Mitglieder der Vertretungskörperschaft, mindestens jedoch der Hälfte der gesetzlichen Mitgliederzahl. Zwar bleiben nach Satz 3 dieser Norm die jeweiligen Regelungen zur Beschlussfassung der Vertretungskörperschaft unberührt. Das Wahlverfahren gleicht jedoch der Benennung der ehrenamtlichen Richter am VG/OVG (ausführlich Rdnr. 5).

  7. Nach § 10 Abs. 1 Satz 1 SGG bilden die Sozialgerichte Kammern u. a. für Angelegenheiten der Sozialhilfe und des AsylbLG (die frühere Zuständigkeit lag bei der allgemeinen Verwaltungsgerichtsbarkeit); die Zahl der Kammern wird nach § 3 Satz 2 AGSGG durch die Präsidentin oder den Präsidenten bestimmt9. Die dortige Mitwirkung von ehrenamtlichen Richterinnen und Richtern soll nach §§ 12 Abs. 5 Satz 2, 14 Abs. 5 SGG aus den Vorschlagslisten der Kreise und kreisfreien Städte resultieren; spezielle Normen über das Verfahren der Aufstellung durch die Vertretungskörperschaft sowie ggf. über das dort erforderliche Abstimmungsquorum existieren nicht. Vorliegend ist mithin auf Sinn und Zweck der Vorschrift abzustellen, der sich aus der Begründung der gesetzlichen Änderung erschließt: Beabsichtigt ist, „die Auswahl (...) nach den gleichen Kriterien wie bei den bisher zuständigen Gerichten der (allgemeinen) Verwaltungsgerichtsbarkeit (vgl. § 28 VwGO) vorzunehmen“10. Die BVV ist deshalb auch für die Benennung dieser ehrenamtlichen Richterinnen und Richter zuständig und hat wie bei denen für das VG/OVG zu handeln.

  8. Eine echte Wahl stellt dagegen die Zusammensetzung der Liste der sieben Vertrauenspersonen dar, die als Beisitzer dem Wahlausschuss nach § 40 Abs. 2 GVG angehören, der in jedem fünften Jahr zusammentritt, um die Haupt- und Hilfsschöffen (ausführlich Rdnr. 6) zu bestimmen. Dieser Schöffenwahlausschuss wird nach § 50 Abs. 1 JustizG BlnÄnderung vom 30.09.2023 für jeden Verwaltungsbezirk bei dem Amtsgericht Tiergarten gebildet. Eine vollständige Bestimmung des Gremiums ist rechtlich zwingend. „Ist dies nicht der Fall, kann der Ausschuss keine Beschlüsse fassen. Beschlüsse, die von einem unvollständigen Wahlausschuss gefasst werden, sind unwirksam, die durchgeführte Schöffenwahl fehlerhaft und das spätere Gericht nicht ordentlich besetzt. Die ordnungsgemäße Wahl der Vertrauenspersonen ist daher für eine funktionsfähige Justiz unverzichtbar“11. Die Vorschlagsliste dieser sieben Beisitzerinnen und Beisitzer aus der Einwohnerschaft des Bezirks bedarf nach § 40 Abs. 3 Satz 1 GVG der Zustimmung von zwei Dritteln der anwesenden Mitglieder der Vertretungskörperschaft, mindestens jedoch der Hälfte der gesetzlichen Mitgliederzahl. Zwar bleiben nach Satz 2 dieser Norm die jeweiligen Regelungen zur Beschlussfassung der Vertretungskörperschaft unberührt. Das Wahlverfahren gleicht jedoch der Benennung der ehrenamtlichen Richterinnen und Richter am VG/OVG (ausführlich Rdnr. 5).

  9. In bestimmten bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten (z. B. wegen Verletzungen der persönlichen Ehre) sowie mitunter in Strafsachen (Hausfriedensbruch, Beleidigung, Verletzung des Briefgeheimnisses, teilweise Körperverletzung) ist ein Schlichtungs- (§§ 13 ff. BlnSchAG) bzw. Sühneverfahren (§§ 35 ff. BlnSchAG) vorgeschrieben, das nach § 1 Abs. 1 Satz 1 und 2 BlnSchAG vom Schiedsamt durchgeführt und von Schiedsfrauen und Schiedsmännern (Schiedspersonen) wahrgenommen wird. Diese sind nach Satz 3 dieser Vorschrift ehrenamtlich tätig. Schiedspersonen werden in jedem Bezirk je Schiedsamtsbezirk nach § 3 Abs. 1 und 3 BlnSchAG von der BVV für fünf Jahre gewählt. Wiederwahl ist zulässig. Für jeden Schiedsamtsbezirk ist die Schiedsamtsperson in einem getrennten Wahlgang zu wählen12; Personen, die im Zeitpunkt der Wahl das 70. Lebensjahr vollendet haben, können nach Lage des Einzelfalls13 gleichfalls gewählt werden. Für die Wahrnehmung des Schiedsamtes in den einzelnen Schiedsamtsbezirken ist nach § 3 Abs. 2 BlnSchAG die jeweilige Bezirksverwaltung verantwortlich14; sie hat in geeigneter Form bekannt zu machen, dass sich ggf. interessierte Personen um das Amt bewerben können. Ist ein Schiedsamtsbezirk neu zu besetzen, wird vom BA eine Beschlussvorlage an die BVV gefertigt; Beginn und Ende der Wahlperioden für die einzelnen Schiedsamtsbezirke sind insoweit regelmäßig unterschiedlich. Die Wahl erfolgt mit einfacher Mehrheit (ausführlich § 8).

  10. Zur Mitwirkung im Widerspruchsverfahren des Trägers der Eingliederungshilfe nach dem SGB IX und des Trägers der Sozialhilfe nach dem SGB XII wird nach § 34 Abs. 1 AZG in jedem Bezirk ein Widerspruchsbeirat gebildet. Kann die Bezirksverwaltung einem Widerspruch in Angelegenheiten nach Absatz 1 nicht vollständig abhelfen, so hat sie nach Absatz 2 der Vorschrift den Widerspruchsbeirat vor der Entscheidung zu hören. Der Beirat besteht nach § 34 Abs. 3 AZG aus
    a) drei Bezirksverordneten;
    b) einer Vertretung der Gewerkschaften;
    c) drei Vertretungen von Vereinigungen, die Bedürftige betreuen;
    d) zwei Vertretungen von Organisationen, die sich für Belange der sozialhilfeberechtigten Menschen mit Migrationshintergrund im Sinne des § 3 Absatz 2 PartMigG einsetzen und zwar vorrangig von Organisationen von Menschen mit Migrationsgeschichte;
    e) fünf Vertretungen der Interessensvertretungen für Menschen mit Behinderungen, die vom jeweiligen Bezirksteilhabebeirat entsandt wurden. Er wird nach § 10 Abs. 1 AG SGB IX zur Förderung und Weiterentwicklung der Strukturen der Eingliederungshilfe in jedem Bezirk gebildet. Ihm gehören nach Absatz 2 der Vorschrift mindestens die Vertreter der bezirklichen Teilhabefachdienste nach § 2 AG SGB IX und die Interessensvertretungen der Menschen mit Behinderungen und der Leistungserbringer an.
    Die Mitglieder werden nach § 34 Abs. 4 AZG von der BVV für die Dauer ihrer Wahlperiode15 mit einfacher Mehrheit gewählt; den Vorsitz in diesem Organ hat das für den Geschäftsbereich Soziales zuständige Mitglied des BA. Diese Zuständigkeit umfasst ausschließlich den genannten Leistungskanon, Vorverfahren (im Sinne von § 68 Abs. 1 VwGO) bei der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II sind davon nicht berührt16.

  11. Nicht belegt.

  12. In den Bezirken wird auf unterschiedliche Weise Sachkompetenz von Personen außerhalb der BVV und des BA in kommunalpolitische Entscheidungsprozesse einbezogen; als Organisationsform ist insbesondere die Bildung von Beiräten mit beratender Funktion in den verschiedenen Aufgabenfeldern zu nennen. Angeregt durch ein Ersuchen der BVV (ausführlich § 13) und/oder auf Beschluss des BA engagieren sich Personen aus Vereinen, Verbänden, Initiativen usw. entsprechend ehrenamtlich. Die BVV ist bei der Wahrnehmung ihres Selbstorganisationsrechts im Rahmen der Rechts- und VwV grundsätzlich darin frei, ob sie sich zusätzlichen Sachverstands aus einem von ihr zu bestimmenden Personenkreis bedient, zu diesem Zweck formalisierte Gremien schafft sowie welche inhaltlichen Kriterien sie für deren Berufung anlegt bzw. für zweckmäßig hält. Häufig nehmen BV - ihre jeweilige Fraktion vertretend - an den Sitzungen dieser „Netzwerke“ teil. Grundlage dieser Tätigkeit ist in der Regel eine (vom BA beschlossene) Satzung/GO, die ggf. auch die Wahl der Mitglieder dieses Beirats in der BVV vorsieht, um eine Legitimierung zu unterstreichen. Darüber hinaus sind zu erwähnen: Spielplatzkommission nach § 6 des Gesetzes über öffentliche Kinderspielplätze (Kinderspielplatzgesetz), deren Mitglieder (Eltern, Lehrer sowie andere Sachverständige) vom BA berufen werden und bei der Planung und Weiterentwicklung von Spielplätzen beratend mitwirken sowie Anregungen und Vorschläge unterbreiten; Kleingartenbeirat als Erörterungsgremium (ohne gesetzliche Grundlage) mit dem bezirklichen Kleingartenverband; Psychosoziale AG (PSAG) nach § 10 Abs. 3 PsychKG, die auf eine Zusammenarbeit aller in der Versorgung beteiligten Personen, Behörden, Institutionen und Verbände zielt und von den zuständigen Behörden bei der Wahrnehmung des Sicherstellungsauftrags für eine gemeindenahe und bedarfsgerechte psychiatrische Versorgung zu hören ist.

  13. Buchstabe d) stellt besonders die Wahl der Mitglieder des Verwaltungsrates eines bezirklichen Eigenbetriebes heraus, weil über die Betriebssatzung die BVV zu entscheiden hat (ausführlich § 12)17. Bei diesem Wahlrecht handelt es sich lediglich um die Vertretung der BVV selbst, die Benennung bzw. Entsendung der anderen Mitglieder des Verwaltungsrates bestimmt sich nach der Betriebssatzung.

  14. Nach § 30 Abs. 1 Satz 1 LKG werden für jedes Krankenhaus oder gemeinsam für mehrere Krankenhäuser im Bezirk nach Anhörung der jeweiligen Krankenhäuser für die Dauer der Wahlperiode Patientenfürsprecher/innen nach Buchstabe e) gewählt. Dabei kann in Krankenhäusern mit mehreren örtlich abgegrenzten Betriebsteilen jeweils ein/e Patientenfürsprecher/in bestimmt werden. Darüber hinaus werden nach §§ 12, 52 PsychKG entsprechende Personen in psychiatrischen Krankenhäusern und psychiatrischen Abteilungen in einem Krankenhaus unter Anwendung dieser landeskrankenhausrechtlichen Voraussetzungen gewählt. Nach § 30 Abs. 2 Satz 1 LKG haben die Bezirke einen Sicherstellungsauftrag; er muss nach Formulierung eines Anforderungsprofils durch eine öffentliche Ausschreibung realisiert werden. Allein Dienstkräfte der Krankenhäuser dürfen nach § 30 Abs. 1 Satz 3 LKG nicht gewählt werden. Eine „Landeskinderregelung“ besteht nicht. Nach § 30 Abs. 3 LKG ist der BVV18 ein jährlicher Erfahrungsbericht vorzulegen (der in dem zuständigen Ausschuss - ggf. nichtöffentlich - erörtert werden dürfte). Der Erfahrungsbericht, in dem auch zur Situation der Krankenhausversorgung Stellung zu beziehen ist, wird nach § 40 Abs. 3 Satz 5 LKG im Internet veröffentlicht. Diese Publikationsverpflichtung richtet sich an die BVV. Er ist zwar nach derselben Norm auch dem jeweiligen Krankenhaus vorzulegen; Sinn und Zweck sprechen jedoch für eine Veröffentlichung im Internetauftritt der BVV. Datenschutzrechtliche Belange sind jedoch akribisch zu beachten.

  15. Vor jeder Wahl nach Absatz 1 sind die jeweils geltenden formellen und materiellen persönlichen Voraussetzungen zu prüfen, diese Obliegenheit ist von d. BV-Vorst. (ausführlich § 7) - ggf. durch ein Amtshilfeersuchen an das BA - zu erfüllen. Eine Beanstandung des BA (ausführlich § 18) im Falle der erfolgten Wahl einer Person, die die Voraussetzungen nicht erfüllt, wäre suboptimal, gegenüber d. betroffenen Kandidatin oder Kandidaten peinlich und würde im übrigen die angemessene Außendarstellung der BVV negativ beeinflussen.

Absatz 2: Die Bezirksverordnetenversammlung kann vorzeitig abberufen
a) die Mitglieder des Bezirksamts (§ 35 Abs. 3),
b) die Bürgerdeputierten (§ 24 Abs. 3),
c) die sonstigen von ihr gewählten ehrenamtlich tätigen Bürgerinnen und Bürger nach Maßgabe der dafür geltenden Rechtsvorschriften,
d) die Vertreterinnen und Vertreter und deren Stellvertreterinnen und Vertreter im Verwaltungsrat von Eigenbetrieben (§ 6 Abs. 5 Satz 3 des Eigenbetriebsgesetzes),
e) die Patientenfürsprecherinnen und Patientenfürsprecher (§ 30 Abs. 1 des Landeskrankenhausgesetzes).

  1. Die in Absatz 1 genannten Personengruppen dürfen auf Grund dieser gesetzlichen Ermächtigungen abberufen werden; die Modalitäten (insbesondere das erforderliche Quorum) zu Buchstabe a) und b) ergeben sich aus den genannten Rechtsnormen. Es handelt sich in jedem Fall um eine Abberufung vor Ablauf der jeweiligen Amtsperiode.

  2. Da zu dem Personenkreis der Buchstaben c) und d) keine diesbezügliche gesetzliche Regelung getroffen wurde, entscheidet die BVV (lediglich) mit einfacher Mehrheit, weil die allgemeinen bezirksverwaltungsrechtlichen Vorschriften (ausführlich § 8) anzuwenden sind. Mit gleichem Quorum ist eine Patientenfürsprecherin oder ein Patientenfürsprecher vor dem Ablauf der Amtszeit abzurufen (§ 30 Abs. 1 Satz 4 LKG). Eine lückenlose Kontinuität, die - wie bei der Abberufung d. BV-Vorst. - (ausführlich § 7) zum Erfordernis der unmittelbaren Benennung einer personellen Nachfolge führen würde, ist in diesem Zusammenhang nicht notwendig, aber anzustreben19. Darüber hinaus ist bei den BV, die durch Wahl zu Verwaltungsratsmitgliedern im bezirklichen Eigenbetrieb bestellt wurden, zu beachten, dass die persönlichen Voraussetzungen der Mitgliedschaft mit dem Ausscheiden aus dem Amt enden, ohne dass es einer Abberufung bedarf. Hingegen stellt Nr. 13 Abs. 3 und 4 VV EaD nunmehr klar, dass eine vorzeitige Beendigung der Bestellung in den Ehrenamtlichen Dienst vom Wahlorgan durch Abberufung auf Vorlage des BA zu erfolgen hat.

  3. Da die personale Bestimmung der ehrenamtlichen Richterinnen und Richter keine (echte) Wahl darstellt (ausführlich Rdnr. 4), steht der BVV in keinem Fall das Recht der Abberufung zu20. Entsprechendes gilt aus tatsächlichen Gründen für die Vertrauenspersonen, die als Beisitzerinnen oder Beisitzer dem Wahlausschuss angehören (ausführlich Rdnr. 8). Regelmäßig haben sie ihre Aufgabe mit der Wahl der Schöffinnen und Schöffen sowie der Hilfsschöffinnen und Hilfsschöffen erfüllt. Eine danach erfolgte Abwahl bliebe wirkungslos.


  1. U. a. Kopp/Ramsauer, VwVfG, § 20 Rn. 44. 

  2. Beschluss des BVerfG vom 22. März 2022 (2 BvE 9/20). 

  3. Nach Nr. 2 VV EaD vom 19. September 2006 (ABl. S. 3710) können als Zielgruppe auch nach der Neufassung weiterhin insbesondere Männer sowie Menschen unterschiedlicher Kulturen, Herkunftssprachen, Religionen und Glaubensgemeinschaften und aus allen Altersgruppen angenommen werden. Zum aktuellen Stand der Bemühungen, Personen mit Migrationshintergrund einsetzen, vgl. u. a. Schriftliche Anfrage des Abg. Krüger (CDU-Fraktion) über Sozialkommissionen von 2. Dezember 2015 (17/17 528) sowie der Abg. Demirbüken-Wegner (CDU-Fraktion) über Nach der Wahl ist vor der Wahl - Wahl der Seniorenvertretungen 2022 vom 2. September 2021 (18/28 511). 

  4. Michaelis/Rind in Driehaus, VvB, Art. 79 Rn. 15.Zu beachten ist eine hinreichende Sorgfalt bei der Auswahl: In einer Strafsache erfolgte eine Verurteilung zu einer vierjährigen Freiheitsstrafe; gegen einen beteiligten Schöffen wurde erfolglos ein Befangenheitsantrag gestellt. In einem Beschluss des BGH vom 28. April 2010 (2 StR 259/09) wurde das Urteil des LG „kassiert“ (Verfahrensrüge), weil der ehrenamtliche Richter, der beruflich bei einem Inkassounternehmen wirkt, in einer davon unabhängigen Zivilsache den in beiden (!) Verfahren tätigen Verteidiger als „Spannmann“ titulierte und der Selbstjustiz das Wort redete („Was zu regeln ist, werden wir unter Männern klären“). 

  5. Musil/Kirchner, Rz 328. 

  6. Für das VG mit Wahlvorlage vom 15. Mai 2008 (16/1439); für das OVG nach Art. I Abs. 1 des Gesetzes zu dem Staatsvertrag über die Errichtung gemeinsamer Fachobergerichte der Länder Berlin und Brandenburg vom 10. September 2004 (GVBl. S. 380) in Verbindung mit Art. 14 des Staatsvertrages: Der Wahlausschuss besteht aus dem Präsidenten des OVG (Vorsitzender), je einem entsandten Landesbeamten und je vier Vertrauensleuten (aus den Parlamenten); in Berlin mit Wahlvorlage vom 21. November 2006 (16/0071). 

  7. Die Rekrutierung ist mitunter kompliziert. „Das geltende Wahlrecht (…) erweist sich für Stadtstaaten (…) als schwierig. Der Grund liegt zunächst darin, dass die für die Aufstellung der Vorschlagslisten zuständigen Bezirksverwaltungen oft nicht wie die Verwaltungen kleiner Gemeinden über umfassende persönliche Kontakte zur Bevölkerung verfügen. Hinzu kommt, dass die Bezirke/Gemeinden doppelt so viele Kandidatinnen und Kandidaten vorschlagen müssen, wie letztlich von den Gerichten zu wählen sind. Dadurch wird in Berlin für die aktuelle Wahl die enorme Zahl von rund 11.500 (Personen) benötigt. Bei dem zuständigen Bundesgesetzgeber war ein Abrücken von diesen Wahlprinzipien bisher nicht zu erreichen, da kleine Gemeinden mit der Benennung der für sie erforderlichen Zahl (…) keine wesentlichen Probleme haben. Im ländlichen Bereich wird zudem eine vollständige Übertragung der Wahl auf die Gerichte wegen deren ‚Entfernung’ von der Bevölkerung oft nicht gewünscht.“ (nicht behandelte Mündliche Anfrage des Abg. Rissmann [CDU-Fraktion] vom 13. Juni 2013 [17/20 358]). 

  8. Anders hinsichtlich der Benennung von Jugendschöffen: Über (strafrechtlich relevante) Verfehlungen Jugendlicher bzw. Heranwachsender entscheiden nach § 33 Abs. 1 JGG die Jugendgerichte, die nach Absatz 2 der Vorschrift u. a. durch Jugendschöffengerichte gebildet werden. Diese ehrenamtlichen Richterinnen und Richter werden nach § 35 Abs. 1 JGG auf Vorschlag des JHA (ausführlich § 33) vom Schöffenwahlausschuss - unter dem Vorsitz eines Jugendrichters - für die Dauer von fünf Geschäftsjahren bestimmt; er soll dabei eine gleiche Anzahl von Männern und Frauen wählen. Der JHA soll gleich viele erzieherisch befähigte und in der Jugenderziehung erfahrene Frauen und Männer und muss mindestens die doppelte Anzahl der erforderlichen Personen unter Zustimmung von zumindest zwei Dritteln seiner stimmberechtigten Mitglieder (d. h. zehn) vorschlagen; mitunter wird diese Vorschlagsliste des JHA von der BVV bestätigt; die Entscheidungskompetenz steht jedoch allein dem JHA zu, weil dessen Vorschlagsliste nach § 35 Abs. 3 JGG als eine im Sinne des § 36 Abs. 1 GVG gilt. 

  9. Die Berufung erfolgt durch Anordnung der Senatsverwaltung für Justiz über die Berufung der ehrenamtlichen Richter/innen der Sozialgerichtsbarkeit vom 3. Juni 2005 (ABl. S. 2119) ebenfalls durch die Präsidentin des Sozialgerichts 

  10. Einzelbegründung zu Nr. 5 (§ 12 Abs. 5) des Gesetzentwurfs der Bundesregierung für ein Siebentes Gesetz zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes (7. SGGÄndG) vom 21. Mai 2004 (15/3169) 

  11. Beantwortung der in der 34. Sitzung des Abgeordnetenhauses nicht behandelten Mündlichen Anfrage Nr. 9 des Abg. Benedikt Lux (Fraktion Bündnis 90/Die Grünen) über Engagement gegen STASI-Vereine wird zum Verhängnis - Schöffenwahl nach Art der Linkspartei! vom 20. September 2008, die einen Vorgang in der BVV Treptow-Köpenick aufgreift. 

  12. Nach Absatz 1 Satz 1 AV zu § 2 BlnSchAG kann die BVV das Interesse an einer wirkungsvollen Schlichtungstätigkeit einer solchen Schiedsperson besonders berücksichtigen. 

  13. Vgl. Absatz 2 AV zu § 3 BlnSchAG. 

  14. Vgl. auch die Beantwortung der Kleinen Anfrage der Abg. Monika Thamm (CDU-Fraktion) über Das Schiedsamt - ein unbekanntes Ehrenamt? vom 3. März 2009 (16/13 026). 

  15. Eine Initiative des Abgeordnetenhauses vom 26. April 2007, einen entsprechenden Beirat auch für den Rechtskreis des SGB II einzurichten (16/0368), scheiterte, weil „in der vorbereitenden Amtschefkonferenz (der Arbeits- und Sozialminister[innen]konferenz) keine Mehrheit unter den Ländern gefunden“ wurde, insoweit unterblieb eine Berliner Bundesratsinitiative (vgl. Mitteilung - zur Kenntnisnahme - des Senats über Serviceleistungen der JobCenter vom 5. Dezember 2007 (16/1076). 

  16. Im Hinblick auf die allgemeine Rechtsentwicklung der Erhöhung personeller Kontinuität in Gremien hat der Gesetzgeber die zweijährige Amtszeit durch Art. 2 Nr. 1 des Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Ausführung des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch und des Allgemeinen Zuständigkeitsgesetzes vom 7. Juli 2016 (GVBl. S. 423) ausgedehnt. Die Beschlussvorlage des Senats vom 26. März 2014 (17/1555) beinhaltete keine Übergangsregelung für die auf zwei Jahre gewählten Mitglieder des Beirats; entsprechende Hinweise der AG RdV wurden ignoriert. Vgl. auch: Schriftliche Anfrage des Abg. Seerig (FDP-Fraktion) über Teilhabe- und Widerspruchsbeiräte nach BTHG vom 28. April 2021 (18/27 297). 

  17. Beide bezirksverwaltungsrechtlichen Vorschriften wurden durch § 31 des Gesetzes über die Eigenbetriebe des Landes Berlin (Eigenbetriebsgesetz - EigG) vom 13. Juli 1999 (GVBl. S. 374) geändert. 

  18. Ausnahme: Die Berichterstattung der Patientenfürsprecher/innen in forensisch-psychiatrischen Einrichtungen erfolgt nach § 52 Abs. 2 PsychKG lediglich gegenüber der Aufsichtsbehörde und der klinisch-forensischen Einrichtung. 

  19. Zur Übergangsregelung nach Ablauf der Wahlperiode und bei vorzeitiger Abwahl von d. Patientenfürsprecherinnen Patientenfürsprechern besteht eine spezielle Regelung in § 30 Abs. 1 Satz 5 LKG. 

  20. Im Hinblick auf aktuelle öffentliche Diskussionen (vgl. u. a. den Aufruf der NPD zur Kandidatur zu diesem Ehrenamt unter Berufung auf angeblich wachsende Jugendkriminalität) ist die komplizierte Rechtsfrage der Abberufung zu untersuchen. Unter Bezugnahme auf den Nichtannahmebeschluss des BVerfG (2 BvR 337/08) vom 6. Mai 2008 (NJW 2008, 2568) in einem Verfahren über einen ehrenamtlichen Arbeitsrichter könne staatliche Rechtsprechung auch unter Beteiligung von ehrenamtlichen Richtern „nur durch Personen erfolgen, die auf dem Boden der Verfassung stehen und für die freiheitlich-demokratische Grundordnung eintreten“, so Anger, Dr. Thorsten (NJW 2009, 3041), die Verfassungstreuepflicht auch dieses Personenkreises leite sich „aus Art. 92 i. V. m. Art. 20 Abs. 2 GG und ihrer Funktion als den Berufsrichtern gleichberechtigte Organe genuin staatlicher Aufgabenerfüllung“ ab. Erweise sich ein Verstoß gegen diese Obliegenheit nach der Berufung, müsse die Entfernung aus dem Ehrenamt erfolgen. Soweit dafür einfachgesetzliche Grundlagen fehlten (z. B. in § 33 GVG), sei der Gesetzgeber gefordert. 

Ottenberg/Wolf | Praxiskommentar | (30.09.2023)