§ 6 Einberufung der Bezirksverordnetenversammlung
Absatz 1: Die Bezirksverordnetenversammlung tritt frühestens mit dem ersten Zusammentritt des Abgeordnetenhauses und spätestens sechs Wochen nach der Wahl unter dem Vorsitz der oder des ältesten Bezirksverordneten zusammen.
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Der Grundsatz der Identität der Wahlperiode des Abgeordnetenhauses und der BVV (Art. 71 VvB, ausführlich § 5) drückt sich auch bei der gesetzlichen Festlegung des Zeitpunkts der Konstituierung aus und entspricht - insbesondere hinsichtlich der Sechswochenfrist - der Verfassungsnorm für das Landesparlament (Art. 54 Abs. 5 VvB). Die Anberaumung der ersten Sitzung der BVV in einer Wahlperiode ist von d. (bisherigen) BV-Vorst. zu besorgen (ausführlich § 7). Wegen der Fristidentität sind dabei keine eigenen Überlegungen anzustellen1. Einsprüche gegen die Wahl (nach § 40 Abs. 2 Nr. 1 und 2 bis 8 VerfGHG) berühren nicht den Zeitraum, in dem die Konstituierung zu erfolgen hat2.
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Das älteste3 Mitglied der BVV wird - wie es parlamentarischem Brauch entspricht - zusätzlich durch eine Abfrage zum Geburtsdatum zu Beginn der Sitzung bestätigt. Ihm werden nach dem gleichen Verfahren die beiden jüngsten BV zur Seite gestellt. Die Tätigkeit dieses konstituierenden Vorstands der BVV endet mit der Wahl d. (neuen) BV-Vorst. „Das Amt ist kein Daueramt mit der Aufgabe der ständigen Vertretung (im Fall der) Verhinderung, sondern endet mit dem Abschluss der Aufgaben (…). Es ist durch seine funktionelle Notwendigkeit geprägt, die Wahl (…) durchzuführen, das Amt (an d. BV-Vorst.) zu übergeben und dadurch die Arbeitsfähigkeit (der BVV) herbeizuführen.“4 Es ist nicht zu beanstanden, wenn die 'Alterspräsidentin' oder der 'Alterspräsident' neben der Erfüllung der erforderlichen formellen Aufgaben eine Rede zur Konstituierung der BVV hält. Lehnt das älteste Mitglied ab oder ist es nicht anwesend, tritt an seine Stelle das zweitälteste Mitglied usw. Hinsichtlich der beiden jüngsten BV kann gleich verfahren werden.
Absatz 2: Die Bezirksverordnetenversammlung ist von der Bezirksverordnetenvorsteherin oder dem Bezirksverordnetenvorsteher nach Bedarf, mindestens aber in jedem zweiten Monat einzuberufen.
- Die Beurteilung, ob Bedarf für eine Sitzung vorliegt, obliegt d. BV-Vorst. Die Einberufung ist kein lediglich technischer Vorgang; d. BV-Vorst. steht allein die Kompetenz zur Festlegung des Sitzungstermins zu. Die sonstigen Voraussetzungen (nach Absatz 3) bleiben unberührt.Änderung vom 30.09.2024 Die Einberufung hat jedoch so rechtzeitig - unabhängig von der Auffassung d. BV-Vorst. - zu erfolgen, dass eine Sitzung spätestens am letzten Tag des jeweils zweiten Monats durchgeführt werden kann. Sitzungen der BVV finden daher zumindest sechs Mal im Jahr statt. Es handelt sich um eine Schutznorm für eine Minderheit, die ein Fünftel der gesetzlichen Mitgliederzahl der BVV unterschreitet. Die Vorschrift hat in der Praxis allerdings geringe Bedeutung, weil in den Bezirken - mit Ausnahme von sitzungsfreien Zeiten in Schulferien - monatlich getagt wird5. Regelmäßig wird in der GO-BVV bestimmt, dass die Tagesordnung „im Benehmen mit dem Ältestenrat“ festgesetzt wird. „Benehmen“ ist von seiner Bedeutung strikt von dem Begriff „Einvernehmen“ zu unterscheiden. „Einvernehmen bedeutet, dass vor einem Rechtsakt oder einer Entscheidung das Einverständnis einer anderen Stelle vorliegen oder eingeholt werden muss. Ist dagegen eine Entscheidung lediglich im Benehmen mit einer anderen Stelle zu treffen, so (ist) dieser Stelle lediglich Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben (…). Die Stellungnahme muss aber wenigstens zur Kenntnis genommen und in die Überlegungen einbezogen werden.“6 D. BV-Vorst. hat insoweit mit dem Gremium Kontakt aufzunehmen, Vorschläge für die Tagesordnung und die Sitzungszeit zu machen, die Vorstellungen des Ältestenrats entgegenzunehmen und bei Meinungsunterschieden den Versuch einer Einigung zu unternehmen7.
3a. Die Norm beinhaltet keine Ausnahme, jedoch auch keine Rechtsfolgen bei der Nichteinhaltung. Es kommen mithin lediglich bezirksaufsichtsrechtliche Maßnahmen in Betracht, die u. a. unter dem Vorbehalt eines öffentlichen Interesses zu beurteilen wären. Ein individueller Anspruch eines Mitgliedes der BVV auf Einberufung einer (außerordentlichen) Sitzung kann im Übrigen darauf nicht gestützt werden.8
Absatz 3: Die Bezirksverordnetenvorsteherin oder der Bezirksverordnetenvorsteher ist zur unverzüglichen Einberufung verpflichtet, wenn ein Fünftel der Bezirksverordneten oder das Bezirksamt es fordert.
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Die Vorschrift entspricht der parlamentarischen Praxis9. Unverzüglich handelt d. BV-Vorst., wenn die Sitzung ohne schuldhaftes Zögern einberufen wird. Abhängig von der Form der Einberufungsforderung sollte die schriftliche Einladung (zumindest unter Beachtung der geschäftsordnungsrechtlichen Ladungsfrist) spätestens am nächsten Tag abgesandt werden. Die Einhaltung der Ladungsfrist kann durch Regelung in der GO ausgenommen werden. In Ausnahmefällen kann d. BV-Vorst. nach mündlicher Einrede der Einberufung die Einladung zur Sitzung auch mündlich vornehmen. Dies kommt in Betracht, wenn die Einberufung während einer Sitzung (z. B. des Ältestenrats) gefordert wird. Im Regelfall wird d. BV-Vorst. einen Sitzungstermin im Einvernehmen mit den Fraktionen festsetzen, der den üblichen Gepflogenheiten im Bezirk (Wochentag, Uhrzeit usw.) nahe kommt.
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Es bedarf keiner Begründung für eine Einberufung nach dieser Vorschrift; die Forderung nach und die Einberufung selbst steht vielmehr in einem Ursache-Wirkungs-Verhältnis. D. BV-Vorst. hat lediglich zu prüfen, ob die Initiatoren einer Sitzung des Plenums entsprechend befugt sind. Im Hinblick auf den eindeutigen Wortlaut ist es nicht zulässig, im Rahmen der GO weitere Hürden zur Einberufung zu errichten. Die Erweiterung des Personenkreises, der die Einberufung verlangen darf, ist jedoch zulässig (z. B. jede Fraktion, mindestens drei BV).
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Ein Fünftel der BV meint 20% der gesetzlichen Zahl (ausführlich § 5), also mindestens elf Mitglieder; es kann dahingestellt bleiben, ob diese Personen Mitglieder einer, mehrerer oder (teilweise) keiner Fraktion sind. Die Ermittlung dieses Quorums muss unzweifelhaft sein; bei einem Einberufungsverlangen von einzelnen BV sollte auf eine entsprechende Unterschriftsleistung auf der vorzulegenden schriftlichen Erklärung nicht verzichtet werden. Wird die Einberufung dagegen von einer Fraktion (durch den Vorsitz oder Vorstand) gefordert, die elf oder mehr Mitglieder umfasst, ist eine mündliche Versicherung, dass das Quorum erfüllt wird, hinreichend.
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Der Einberufungsforderung des BA geht ein entsprechender Beschluss voraus, der d. BV-Vorst. vermittelt wird. Wie bei allen anderen Beschlüssen des BA kommt es auf das Stimmverhältnis nicht an (ausführlich § 36). Das Recht erstreckt sich auf das Organ; das entsprechende Verlangen einzelner Mitglieder wäre abzuweisen.
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Die Forderung nach der Einberufung einer (außerordentlichen) Sitzung ist mit der Bezeichnung eines Verhandlungsgegenstands zu verbinden. Dies erschließt sich aus dem Sinn und Zweck der Norm.
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Die Sechs-Wochen-Frist errechnet sich nach §§ 187ff BGB; für das Abgeordnetenhaus vgl. Driehaus in Driehaus, VvB, Art. 54 Rn. 4. ↩
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Vgl. Beschluss des VerfGH vom 1. November 2021 (132 A/21). ↩
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Der Wortlaut lässt offen, ob es sich um das lebensälteste Mitglied oder um die Person handelt, die der BVV am längstens angehört. Einer Regelung in der GO steht diese Frage offen. Vgl. dazu § 1 Absatz 2 GO-BT: „Bis der neugewählte Präsident oder einer seiner Stellvertreter das Amt übernimmt, führt das am längsten dem Bundestag angehörende Mitglied, das hierzu bereit ist, den Vorsitz (Alterspräsident); bei gleicher Dauer der Zugehörigkeit zum Bundestag entscheidet das höhere Lebensalter.“ ↩
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Urteil des VerfGH Baden-Württemberg (hinsichtlich des dortigen Landtages) vom 19. März 2021 (1 GR 93/19). ↩
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In der Praxis wird in der BVV regelhaft ein Sitzungsplan für einen Jahreszeitraum bestimmt (und veröffentlicht). In der Zeit zwischen März und Mai 2020 ('erster Lockdown' während der Corona-Pandemie) wurde allerdings keine Sitzung durchgeführt (,was die bei der für Inneres zuständigen Senatsverwaltung angesiedelte Bezirksaufsicht zur Mitteilung an die Bezirke führte, es im Hinblick auf die außergewöhnliche Situation nicht zu monieren). ↩
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WPD, Gutachten zu einigen Rechtsfragen im Zusammenhang mit Sitzungen der Bezirksverordnetenversammlungen in außergewöhnlichen Notlagen nach § 8a BezVG vom 30 Juni 2022 m. w. N.[/mark] ↩
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Vgl. Beschluss des VG Cottbus vom 16. Juni 2020 (1 L 265/20) in sinngemäßer Auslegung. ↩
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Vgl. Beschlüsse des VG vom 4. Mai 2020 (2 L 67/20) sowie des OVG vom 5. Mai 2020 (12 S 20/20). ↩
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Vgl. § 56 der GO des Abgeordnetenhauses. ↩